Der Krieg vor der Tür
„Innen Leben“– Erschütterndes Drama über eine syrische Familie unter Beschuss
Der Panorama-Publikumspreis der diesjährigen Berlinale ging an „Innen Leben“(„Insyriated“) – und das vollkommen zu Recht. Der Film des belgischen Regisseurs Philippe Van Leeuw ist ein Kammerspiel vor einem beklemmenden Hintergrund. Ein Kammerspiel in mehrfacher Hinsicht: In einer großbürgerlichen Wohnung in einem Mietshaus in Damaskus leben eine Familie, ein paar Nachbarn, die indische Haushaltshilfe, eine übersichtliche Kulisse, eine überschaubare Anzahl an Akteuren also – mit einem Ziel: den Krieg da draußen zu überleben.
Oum Yazan (Hiam Abbas) ist die strenge Matriarchin dieser Schicksalsgemeinschaft mehrerer Generationen, die sich, so gut es geht, durchschlägt: Die Vorhänge bleiben, der Scharfschützen wegen, zugezogen, Telefon und Internet gibt es selten, Wasser und Lebensmittel sind rar. Leise müssen alle ein, damit niemand auf die Wohnung aufmerksam wird. Doch der Krieg spielt sich nicht nur in ferneren Stadtvierteln ab, sondern vor der Haustür, und dann klopft er plötzlich gegen die Tür – mit Gewehrkolben.
Van Leeuws Film, im Libanon gedreht, zog die Zuschauer in Berlin regelrecht in seinen Bann. Er ist, bei aller Tragik, spannend wie ein Thriller und macht die Situation der Menschen in Syrien wenigstens ein wenig nachvollziehbar.
Schließlich muss sich diese ganz normale Familie, durchaus westlich orientiert, mit existenziellen Fragen beschäftigen: Sie kommt in die vollkommen unerträgliche Situation, in der es darum geht, einen aus ihrer Mitte zu verraten, damit die anderen überleben. Das steigert die Spannung noch weiter – bis es einem die Kehle zuschnürt. Was müssen, was können Menschen aushalten? Und wie kann man das aushalten, wie überleben? Wann hat das ein Ende?