Streicher überzeugen Jury
Das Werther Quartett gewinnt den Iris-Marquardt-Preis - 4000 Euro Preisgeld
– Im vollbesetzten Saal der Musikhochschule ist am Donnerstagabend zum 21. Mal der mit 4 000 Euro dotierte Iris-Marquardt-Preis verliehen worden. Zum zweiten Mal hatte ein Streichquartett die Juroren überzeugt.
Sturm und Drang auf 16 Saiten: Das Werther Quartett entführte sein begeistertes Publikum in die Zeit zwischen 1774 und 1835. Zwei russische Geiger, zwei Spanierinnen an Barock-Viola und –Cello, geprägt durch ihr Studium der Alten Musik bei den Professoren Anton Steck und Werner Matzke. Dazu ein Satz Instrumente, in klassischer Weise von dem Potsdamer Tilman Muthesius gebaut, aus dem Besitz der Hochschule, als Leihgabe in die Hände der jungen Künstler gegeben. Und drei überaus ansprechende und herausfordernde Kompositionen: Aus dem Streichquartett g-Moll op.20/3 erklangen drei Sätze: Getragen, fast melancholisch das Menuett, spielerisch ausdrucksstark der mit „poco adagio“überschriebene dritte Satz.
Ihr hervorragendes Zusammenspiel demonstrieren Alexey Fokin, Alexander Pilchen, Sara Gomez Yunta und Candela Gomez Bonet dann im feingliedrigen, überaus kontrapunktischen Finale mit dem überraschend ruhigen Ausklang in G-Dur.
Gerade erst 17 Jahre alt war Juan Crisóstomo de Arriaga, als seine drei Streichquartette 1824 erschienen: Die Preisträger wählten den zweiten Satz des Es-Dur-Werks, eine Hirtenidylle, für das Konzert. Eingangs folgte das Quartett der Spielanweisung „dolce“, ließen dann aber mit gekonntem Tremolo und mit eigenwilligen Intervallen und Geigen-Blitzen zwei Gewitter aufziehen und sich entladen. Zum Satzende zeichnete sich wieder eine liebliche Pastorale ab.
Ganz besonders apart aber waren die drei Sätze aus dem Streichquartett Nr. 1 e-Moll op. 61, von Johannes Wenzeslaus Kalliwoda 1835, während seiner Zeit als Kapellmeister auf Schloss Fürstenberg in Donaueschingen komponiert. Mit viel Pizzicato steigerte sich das Adagio von vorsichtig tastend zu brillant. Graziös begann das Scherzo, das dann hingebungsvoll ausgearbeitet wurde. Temperamentvoll, ja stürmisch dann das Vivace, das allein schon bewies, dass Kalliwoda zu Unrecht in Vergessenheit geriet.
Unendliche Geduld
In ihrer Laudatio zitierte Rektorin Elisabeth Gutjahr aus Gesprächen, die sie mit den vier Preisträgern, deren Herkunftsländer „das alte Europa umarmen“, gehalten hat. Mit „unendlicher Geduld und Disziplin“haben sich die hochtalentierten jungen Musiker (um ein Cembalo erweitert als Quartett à 5) die Werke erarbeitet und im Herbst 2016 damit den zweiten Preis beim internationalen Wettbewerb um den Gebrüder-GraunPreis in Bad Liebenzell gewonnen. Im Frühjahr dann hat sich das Quartett, nach dem Briefroman Goethes benannt, in den zwei Runden der Auswahl zum Iris-Marquardt-Preis gegen hochkarätige Mitbewerber durchgesetzt.
Zu Ehren der Preisträger las Gutjahr aus den zwei Büchern über die Leiden des liebeskranken Rechtspraktikanten vor 245 Jahren, sprach das Publikum mit „Ihr sittlichen Menschen!“an, verteidigte „Betrunkene und Wahnsinnige“und schwärmte von „träumender Resignation“und von „Tropfen der Seligkeit“ Begleitet wurde sie dabei von Werner Matzke am Barockcello mit Werken jener Epoche.