Am 30. Juni fällt die Entscheidung
DRK-Kreisverband soll gGmbH werden – Noch fehlt ein Aufsichtsratsvorsitzender
- Seit dem 3. April ist Oliver Ehret neuer Geschäftsführer des Tuttlinger DRK-Kreisverbands. Er hat Helga Sander abgelöst. Die ersten hundert Tage in seinem neuen Amt sind zwar noch nicht vorbei, Redakteurin Ingeborg Wagner fragte ihn dennoch nach einem ersten Fazit und dem Stand der gemeinnützigen GmbH (gGmbH).
Herr Ehret, Sie haben den DRKKreisverband in stürmischen Zeiten übernommen, Stichwort finanzielle Probleme und Querelen zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen. Wie stellt sich die Situation momentan dar?
Ich habe viele Gespräche geführt, auch mit Ehrenamtlichen, ich bin viel in den Ortsvereinen. Ich finde, wir sollten uns nicht in persönlichen Eitelkeiten verlieren, sondern die Probleme lösen und mit einem positiven Grundverständnis in die Zukunft gehen. Der Bürger nimmt uns als DRK wahr und unterscheidet nicht zwischen Ehrenamt und Hauptamt.
Stichwort gGmbH: Wie weit sind die Planungen?
Die außerordentliche Delegiertenversammlung tagt am 30. Juni in Rietheim-Weilheim, sie muss der neuen Satzung zustimmen. Dafür braucht es eine Dreiviertelmehrheit. Wir haben alles vorbereitet, sodass nach einem Ja alles in die Wege geleitet werden könnte. Bis zum 31. August muss die gGmbH ins Handelsregister eingetragen sein, dann kann sie rückwirkend zum 1. Januar 2017 ins Leben gerufen werden. Wenn die Delegierten nicht zustimmen, sehe ich keinen Neuanfang.
Was erhoffen Sie sich durch eine gGmbH?
In einer gGmbH wird der kommerzielle Teil, also die Notfallrettung, der Krankentransport, die Leitstelle und die Vermittlung des ärztlichen Notdienstes, ausgegliedert. Der DRK-Kreisverband ist einziger Gesellschafter. Davon versprechen wir uns eine erhöhte Kostentransparenz. Aufwendungen und Erlöse werden klarer zugeordnet. Die Krankenkassen zahlen uns einen festen Betrag, in dem all unsere Unkosten enthalten sind. Wenn wir richtig kalkuliert haben und alle Dinge wie auch Bedie reitschaftszeiten, Kleidung der Mitarbeiter, tarifliche Änderungen sowie die Laufzeit der Fahrzeuge richtig eingerechnet haben, sind wir kostendeckend.
War das bislang nicht der Fall?
Für mich als neuen Geschäftsführer ist es schwierig, dazu etwas zu sagen. Ich will das auch gar nicht beurteilen. Lassen Sie es mich so sagen: Es gab sicherlich Jahre, mit einer ungünstigen Entwicklung. 2016 schloss wieder deutlich besser ab, sogar mit einem leichten Überschuss. Der Jahresabschluss wird bei der Delegiertenversammlung vorgestellt.
Wie stellt sich die Situation für die DRK-Mitarbeiter dar, vorausgesetzt, die gemeinnützige GmbH kommt?
Die personelle Überführung in eine gGmbH ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Niemand darf schlechter gestellt werden, heißt es dort. Dem Betriebsrat wurde mitgeteilt, dass gleiche Arbeitsbedingungen wie zuvor gelten. Bei Zustimmung durch die Delegierten gilt für Mitarbeiter eine einmonatige Widerspruchsfrist. Der DRK-Kreisverband Tuttlingen beschäftigt 113 Mitarbeiter im Hauptamt, 97 davon sollen in die gGmbH gehen, mit Ausnahme von Verwaltung und Mobilem Sozialen Dienst.
Wer wird Geschäftsführer, wer Aufsichtsratsvorsitzender?
Es ist geplant, dass ich sowohl Geschäftsführer der gGmbH, als auch des Kreisverbands mit den Ortsverbänden, des Mobilen Sozialen Dienstes und des Katastrophenschutzes bleibe. Auch das entscheidet sich in der Delegiertenversammlung. Noch unklar ist, wer Aufsichtsratsvorsitzender wird. Aufgrund der Gesellschaftsform – Träger der gGmbH ist der Kreisverband – ist geplant, dass der Kreisvorsitzende das Amt übernimmt. Im DRK-Vorstand wird es aber einen Wechsel geben, mehrere Mitglieder haben angekündigt, ausscheiden zu wollen. Deshalb wünsche ich mir persönlich, dass die Sitzung harmonischer verläuft als die vergangene Delegiertenversammlung im Juni 2016.
Stichwort Personal: Wollen Sie aufstocken?
Ja, wir brauchen dringend Personal für Rettungsdienst, Leitstelle und Krankentransport. Zum Glück haben wir zurzeit acht neue Notfallsanitäter-Azubis, aber es dauert noch, bis sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Momentan sind rund acht Planstellen nicht besetzt, da geht es uns wie anderen Kreisverbänden. Im Sozialbereich herrscht Fachkräftemangel, sicherlich auch, weil die Anerkennung für diese Berufe bislang nicht so war, wie sie sein sollte.
Zurück zu Ehrenamt und Hauptamt: Die Trennung wird durch eine gGmbH doch noch verstärkt, oder?
Wir werden auch zukünftig eine gemeinsame Kasse haben. Buchungstechnisch werden aber alle Vorgänge exakt auf Kostenstellen des Vereins und der gGmbH gebucht. Ebenso werden die Personal- und Nebenkosten nach einem festzulegenden Schlüssel auf beide Einrichtungen des Kreisverbandes verteilt. Die „Trennung“ist eine rein organisatorische. Der Kreisverein ist und bleibt Träger aller Ortsvereine und bildet damit eine Klammer für beide Abteilungen, das ist der große Vorteil. Das Ehrenamt ist ein ganz wichtiges Bindeglied in die Bevölkerung hinein. Meine Präsenz ist dort genauso wichtig, wie in der gGmbH. In der Vergangenheit, so habe ich den Eindruck, wurde mehr übereinander als miteinander gesprochen. In Zukunft möchte ich, dass wir mehr miteinander sprechen.