Italien droht mit Schließung von Häfen
Flüchtlingsschiffen soll Einfahrt verboten werden – Land fühlt sich von EU alleingelassen
- Die italienische Regierung droht damit, die Häfen des Landes für Rettungsschiffe zu schließen, die Migranten an Land in Sicherheit bringen wollen. Diese Ankündigung, die auch von Staatspräsident Sergio Mattarella unterstützt wird, ist international mit Besorgnis zur Kenntnis genommen worden. Italien reagiert damit auf die hohe Zahl neuer Flüchtlinge. Zwischen Dienstag und Donnerstag sind mehr als 11 000 Migranten über das Mittelmeer nach Italien gekommen. Zwischen Jahresbeginn und dem 21. Juni waren es rund 73 000 Menschen. Das sind circa 15 Prozent mehr als im Vorjahr.
Frontex-Schiffe ausgenommen
Die italienische Regierung kritisiert vor allem Rettungsschiffe, die nicht unter italienischer Flagge fahren. Viele ausländische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind im Mittelmeer mit Rettungsschiffen unterwegs. Sie nehmen auf hoher See die Menschen auf, die von Nordafrika kommen, und bringen sie in italienische Häfen. Auch die Schiffe der deutschen Hilfsorganisationen Jugend Rettet und Sea-Watch haben schon viele Migranten nach Italien gebracht. Von einem drohenden Verbot, dessen rechtliche Dimension innerhalb der EU diskutiert werden müsste, wären einzig die Schiffe der EU-Grenzagentur Frontex sowie der EU-Mission Operation Sophia ausgenommen.
Mit seiner Drohung will Italien auf die immer größer werdenden Probleme des Landes aufgrund des hohen Migrationsdrucks aufmerksam machen: Die Aufnahmelager sind überfüllt. Seit Jahren hofft die Regierung in Rom, dass die EU oder einzelne Länder der EU dem Partnerland finanziell oder logistisch unter die Arme greifen. „Bis auf schöne Worte ist aber nicht viel geschehen“, sagte der italienische EU-Botschafter Maurizio Massari am Donnerstag.
Regierungschef Paolo Gentiloni steht unter innenpolitischem Druck. Umfragen zufolge sind mehr als 50 Prozent aller Italiener gegen noch mehr Migranten. Die rechten Parteien profitieren von der wachsenden ausländerfeindlichen Stimmung. „Wir wollen bei diesem Thema fairer als bisher von unseren Partnern behandelt werden“, so Gentiloni.
Das fordern auch viele Bürgermeister italienischer Hafenstädte auf Sizilien. Die Bürgermeister von Catania, Messina und Porto Empedocle sind davon überzeugt, dass die Migranten immer mehr Touristen abschrecken. Auf Lampedusa, Italiens südlichster Insel, sind die Touristenzahlen in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent gesunken.