Rockstar siegt, Rockstar taucht
Hamilton gewinnt zum vierten Mal in Serie in Silverstone und verkürzt den Rückstand auf Vettel auf einen Punkt
(SID/dpa/sz) - Oft geschrieben, nun endlich bewiesen: An Lewis Hamilton scheint wirklich ein Rockstar verloren gegangen zu sein. Nachdem der Formel-1-Superstar seinen Silberpfeil gestern in Silverstone als Erster über die Ziellinie pilotiert hatte und nach seinem insgesamt fünften Sieg – dem vierten hintereinander – im Heimspiel für neue Spannung im Zweikampf mit Sebastian Vettel um den Titel in der Formel 1 gesorgt hatte, ging Hamilton auf Tuchfühlung mit den begeisterten Fans. Immer wieder warf er sich wie ein Rockstar beim Stage-Diving in die tosende Menge. „Ich habe mich immer gefragt, wie sich das wohl anfühlt“, berichtete er später, „jetzt habe ich es einfach mal gemacht, und es hat sich so gut angefühlt.“
Wäre dies geklärt. Sebastian Vettel, der das ganze Wochenende nicht Hamiltons Tempo mitgehen konnte und nach einem überraschenden Reifenplatzer an seinem Ferrari kurz vor Schluss das Rennen nur an Position sieben beendete, suchte unterdessen sichtlich frustriert nach den Gründen für den Reifenplatzer. „Der Reifen hätte locker halten sollen, ich weiß nicht, warum er es nicht getan hat“, sagte er bei Sky, „mein Hals ist aber gar nicht so dick, man kann da ja nicht viel machen.“Im Nachhinein sei es einfach „zu sagen, man hätte dieses oder jenes anders machen müssen, aber dass der Reifen in die Luft fliegt, konnte man einfach nicht vorausahnen“.
Vettels Vorsprung in der Fahrerwertung beträgt nun nach dem zehnten von 20 Rennen nur noch einen Zähler. Auf Platz zwei sorgte am Sonntag Valtteri Bottas für einen Mercedes-Doppelsieg, Kimi Räikkönen im Ferrari wurde Dritter, nachdem er ebenfalls kurz vor dem Ziel einen Reifenschaden zu beklagen hatte. Platz sechs belegte Nico Hülkenberg (Emmerich) im Renault, 17. und Letzter wurde der Worndorfer Pascal Wehrlein im Sauber.
„Allgemein sind mir die Punkte in der WM gerade egal. Man versucht einfach, das bestmögliche Rennen abzuliefern. Das haben wir versucht,
und nur so bleibt man dauerhaft im WM-Kampf. Es macht keinen Sinn, zu diesem Zeitpunkt irgendetwas zu verwalten“, sagte Vettel zwar, gab aber gleichzeitig zu: „Ich verliere nicht gerne, ich hasse es. Deswegen werden wir sicherstellen, dass es nächstes Mal wieder anders läuft.“
Da wird Hamilton etwas dagegen haben. Durch den 57. Grand-Prix-Triumph seiner Karriere stellte er einen Rekord auf. Noch nie hatte jemand viermal hintereinander in Silverstone gewinnen können. Einfach sei der souveräne Sieg aber nicht gewesen: „Es ist nie so einfach, wie es aussieht, aber es war ein perfektes Wochenende für uns“, sagte Hamilton, der ein für allemal klarstellte, dass für ihn auch nach einem möglichen vierten Titelgewinn im November nicht Schluss sei in der Formel 1. „Es gibt keinen Grund für mich, warum ich aufhören sollte“, sagte Hamilton, „ich liebe die Formel 1 und werde weiterfahren.“
In den Tagen vor dem Rennen hatte Hamilton viel Kritik einstecken müssen, da er als einziger der 20 Fahrer bei einem Showevent in London gefehlt hatte. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff verteidigte seinen Superstar und betonte, dass man ihm auch weiter seine Freiräume geben werde: „So bringt er seine Leistung an den Rennwochenenden.“Hamilton war zu einem zweitägigen Kurzurlaub nach Mykonos gereist, um sich „optimal auf das Wochenende“vorzubereiten, wie er selbst sagte.
Es scheint die richtige Vorbereitung gewesen zu sein. Nach einer frühen Safety-Car-Phase spulte Hamilton an der Spitze sein Programm routiniert ab und ließ sich auf dem Hochgeschwindigkeitskurs nordwestlich von London durch nichts aus der Ruhe bringen. Vettel lieferte sich währenddessen einen packenden Zweikampf mit Max Verstappen im Red Bull, der seine Position kompromisslos verteidigte. „Will der Autoscooter mit mir spielen, oder was?“, funkte Verstappen an seine Box, als Vettel immer aggressiver attackierte. Erst durch den ersten Boxenstopp kam der Deutsche schließlich doch vorbei – musste nach dem Reifenplatzer aber froh mit Platz sieben sein.