Drei Asylbewerber als Schleuser verurteilt
Syrer sollen für Tod von 13 Menschen im Mittelmeer verantwortlich sein, weil ihr Boot mit einem türkischen Frachter kollidierte
(lby) - 13 tote Flüchtlinge, die Bilanz einer von vielen Todesfahrten im Mittelmeer. Das Landgericht im oberbayerischen Traunstein hat nun drei Schleuser verurteilt.
Die Menschen starteten voller Hoffnung. Ein Foto zeigt den knapp zweijährigen Alex in Schwimmweste fröhlich am Strand von Izmir. Es wurde eine Reise in den Tod. Am 20. September 2015 kollidierte nachts vor der Insel Lesbos das mit 46 Flüchtlingen überladene Boot mit einem türkischen Fracher. 13 Menschen starben, auch Alex. Zwei andere Kinder werden bis heute vermisst.
Allein in der ersten Hälfte dieses Jahres gab es der Internationalen Organisation für Migration zufolge mindestens 2100 Tote und Vermisste im Mittelmeer.
Nun hat das Landgericht Traunstein drei Flüchtlinge aus Syrien als Schleuser verurteilt. Es war einer der ersten Prozesse um Bootsflüchtlinge in der Bundesrepublik. Der Hauptangeklagte (27) bekam vier Jahre Haft, der Bootsführer (24) zweieinhalb Jahre. Den dritten einschlägig vorbestraften Angeklagten (34), der sich um Geldtransfers kümmerte, verurteilte das Gericht unter Einbeziehung der früheren Strafe zu zwei Jahren auf Bewährung.
Die Strafkammer rückte die persönliche Situation der Angeklagten in den Blick. Es sei den Männern, die aus dem syrischen Aleppo stammen, um die eigene Flucht und die von Angehörigen gegangen, sagte Richter Erich Fuchs. Überlebende sahen die Schuld nicht bei ihnen, sondern bei dem Frachter, der das Boot stundenlang mitgeschleift hatte. Schleuser und Geschleuste stammten aus demselben Lager, wuchsen teils zusammen auf. Für die anderen waren die Angeklagten Helfer, nicht Kriminelle.
Der jüngste Angeklagte, damals 22 Jahre alt, steuerte das Boot, als plötzlich aus dem Dunkel der Frachter auftauchte – wie ein „Berg“, schilderten Zeugen. Durch den Aufprall wurde er selbst ins Wasser geschleudert, andere Flüchtlinge retteten ihn. Er habe 13 Menschen in den Tod gesteuert, sagte Fuchs. „Das ist seine Verantwortung und die muss er tragen.“Er ist der Einzige, den er wegen Schleusung mit Todesfolge schuldig spricht.
Bei dem Hauptangeklagten lässt das Gericht diesen Vorwurf fallen. Die Flüchtlinge, die er vermittelte, kamen in Europa an. Er habe mit der Vermittlung von gut 200 Menschen Geld für die eigene Reise und die seiner Angehörigen verdienen wollen. „Wir gehen aber nicht davon aus, dass der Angeklagte ein großer Schleuser war“, so der Richter.
Schleuser und zugleich Flüchtling – das macht die Bewertung nicht leicht. Ende 2016 sprach das Landgericht Köln zwei Syrer frei. Sie waren beschuldigt, für das Ertrinken von acht Menschen im Mittelmeer mitverantwortlich zu sein. Sie stritten das ab: Sie hätten bei der Überfahrt selbst Todesangst ausgestanden.
Ein völlig anderer Fall von Menschenschmuggel wird derzeit in Ungarn verhandelt. Hier erstickten 71 Menschen im Laderaum eines Kühllasters – weil der Fahrer einfach weiterfuhr, obwohl die Menschen drinnen schrien und an die Wände schlugen. Tatvorwurf hier: Mord.