Wenn der Wolf zum Problem-Wolf wird
Schäfer und Tierschützer formulieren Grundsätze, um mit der steigenden Zahl der Tiere zurechtzukommen
- Landwirte, Tierschützer, Jäger und Ökologen haben erstmals einen breiten Konsens zum Umgang mit dem Wolf gefunden. Wölfe abzuschießen soll nur das letzte Mittel sein, wenn sie zu gefährlich werden. Vor allem mehr Hirtenhunde und bessere Zäune sollen die Herden der Bauern und Schäfer schützen.
Unterzeichnet haben die am Donnerstag veröffentlichte Erklärung unter anderem der Bundesverband der Berufsschäfer, die Umweltverbände BUND, Nabu, WWF, der Deutsche Grünlandverband, der Tierschutzbund und der Ökologische Jagdverband.
Andere Organisationen wie der einflussreiche Deutsche Bauernverband (DBV) sind jedoch nicht dabei. Der größten Landwirte-Vertretung reicht es nicht, hier und da mal einen Problem-Wolf zu erlegen. In Regionen, die man nicht sicher einzäunen könne, „müsse durch eine konsequente Bestandsregulierung eine Wiederansiedlung des Wolfes ausge- schlossen werden“, fordert der DBV. Selbst Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth sprach sich dafür aus, wenn nötig „komplette Rudel“abzuschießen. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) ist Anhänger einer „Bestandsregulierung“.
Die Debatte über die Wölfe bekommt allmählich bundespolitische Bedeutung. Nach der Einwanderung der ersten Tiere ab dem Jahr 2000 waren anfangs nur die östlichen Bundesländer Brandenburg und Sachsen betroffen. Nun leben Rudel unter anderem auch in Niedersachsen. Von dort schaffte es ein einzelnes Exemplar kürzlich nach Überlingen und bis zum Schluchsee im Schwarzwald, wo es illegal erschossen wurde.
Die Unterzeichner der „Eckpunkte für ein konfliktarmes Miteinander“wollen jetzt einen „Brückenschlag zwischen Naturschützern und Landwirten“erreichen, sagte Diana Pretzell vom WWF. Ihnen geht es darum, die Interessen des Artenschutzes und der Weidetierhaltung zu vereinbaren. Die Verbände „erkennen den Schutzstatus des Wolfes im geltenden Recht an“. Gleichzeitig müssten die „wirtschaftlichen Benachteiligungen von Weidetierhaltern in Wolfsgebieten angemessen aufgefangen werden. Die Akzeptanz des Wolfes durch die Bevölkerung der ländlichen Regionen ist unabdingbar für seine erfolgreiche Rückkehr.“
Der baden-württembergische Nabu-Landesvorsitzende Johannes Enssle sagte, „nur im Schulterschluss von Weidetierhaltern, Natur-, Tierschutz und Jägerschaft lassen sich die Herausforderungen bewältigen, die mit der Rückkehr der Wölfe verbunden sind“. Was es aber daneben dringend brauche, sei die Unterstützung der Politik.
Ein Kernpunkt ist der Schutz der Herden durch Hirtenhunde. Weil man diese früher in Deutschland nicht brauchte, wurden sie nicht gezüchtet. Nun entstehen neuer Bedarf und neue Probleme. So müssen die Halter laut Tierschutzverordnung beispielsweise für jeden Hund eine wärmegedämmte Hütte hinstellen. Hirten, die mit Schafherden unterwegs sind, fällt das schwer. Also rufen die Verbände die Landesregierung auf, „Herdenschutz möglichst unbürokratisch“zu gestalten. Sie verlangen eine Ausnahme für Hirtenhunde in der Verordnung. Auch um Geld geht es. Die Landwirte-Verbände hätten gerne mehr öffentliche Förderung und großzügigeren Schadenersatz, wenn Weidetiere von Wölfen gerissen werden.