Saisonbedingt mehr Arbeitslose
(lsw/ lby) - Die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Südwesten ist weiter deutlich besser als im Vorjahr. Trotzdem gibt es im August eine Delle. Das hat mit dem bevorstehenden Ausbildungsbeginn zu tun. Weil viele junge Leute auf den Start ihrer Ausbildung im September oder Oktober warten und sich bis dahin arbeitslos gemeldet haben, ist die Zahl im August gestiegen.
221 925 Menschen waren in Baden-Württemberg ohne Job – 5,8 Prozent mehr als im Juli, wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag in Stuttgart mitteilte. Die Quote lag bei 3,6 Prozent, im Juli waren es 3,4 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Arbeitslosigkeit aber weiter deutlich geringer. Im August 2016 waren gut 234 400 Menschen in Baden-Württemberg arbeitslos, die Quote lag bei 3,9 Prozent.
Auch die Anzahl der Arbeitslosen in Bayern ist im August saisonbedingt auf 234 265 gestiegen. Das waren etwa 15 200 mehr als im Vormonat, wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg mitteilte. Die Arbeitslosenquote in Bayern lag im August bei 3,2 Prozent – der niedrigste je gemessene Wert in dem Monat seit Beginn der Berechnung im April 1997. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Arbeitslosen um 15 268. Die Antwort zeigt das Problem vieler Azubis: Einfordern der Rechte ist oft heikel – zumal in der Probezeit, in der man ohne Angabe von Gründen fristlos gekündigt werden kann. Dabei steht Anna zu, dass ihre Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche begrenzt ist und sie für einen Sonntag einen Ersatzruhetag bekommt. „Wenn du deine Arbeitszeiten bei deinem Ausbilder ansprichst, solltest du sehr diplomatisch sein“, lautet die Antwort der DGB-Beratungsseite.
Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil der Befragten, die regelmäßig Überstunden leisten, laut DGB-Report um 1,4 Punkte auf 36,2 Prozent gestiegen. 11,6 Prozent der Unter-18Jährigen geben an, rechtswidrig im Schnitt mehr als 40 Stunden pro Woche zu arbeiten. Mehr als jeder Zweite von ihnen bekommt keinen Freizeitausgleich. Ausbildungsfremde Tätigkeiten müssen 11,5 Prozent häufig oder immer leisten. Ein Ausbil- dungsplan fehlt bei fast zwei von drei Azubis.
Am schlechtesten werden von den Betroffenen folgende Berufe bewertet: Anlagenmechaniker, Zahnmedizinische Fachangestellte, Friseure, Hotelfachmann/frau, Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk – am besten unter anderem Mechatroniker, Industriekaufleute und Elektroniker.
Berater prüfen Beschwerden
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) verweist auf Ausbildungsberater der jeweiligen Kammern. Azubis müssten dort aber auch Ross und Reiter nennen. Die IHKs verfolgten jede Beschwerde, verspricht DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. „Sie erfüllen diese Aufgabe unabhängig sowie gewissenhaft im Interesse der Azubis und der Betriebe.“
Die Unterschiede in der Qualität mögen auch erklären, warum junge Menschen und Betriebe oft nicht zusammenkommen – obwohl die Bewerberzahl und die Zahl der Ausbildungsberufe rechnerisch fast ausgeglichen ist. Bis Ende August bewarben sich 532 000 junge Leute bei der Bundesagentur für Arbeit um einen Ausbildungsplatz. 528 000 Lehrstellen wurden von den Unternehmern gemeldet. 98 000 Jugendliche haben trotzdem noch keinen Platz, weitere 52 000 machen etwas anderes und drücken zum Beispiel noch einmal die Schulbank. Der BA-Vorstandschef Detlef Scheele zeigt sich dennoch optimistisch – er verweist auf die stets höchste Dynamik auf dem Ausbildungsmarkt im September.
„Es interessieren sich relativ viele Bewerber zum Beispiel für Büround Verwaltungsberufe oder Medienberufe, während es für viele Berufe im Handwerk wie Sanitär, Lebensmittel, Reinigung, im Hotel- und Gaststättengewerbe oder im Bau nur wenige Interessenten gibt“, erläutert ein BA-Sprecher. Ausbildungsstellen fehlen in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Deutlich mehr Stellen als Bewerber gibt es in Süddeutschland, dem Saarland, Hamburg sowie in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern.
Schwer haben es vor allem Bewerber mit Hauptschulabschluss. Zum September 2016 hatten 47 Prozent dieser Bewerber eine Ausbildungsstelle gefunden – aber 55 Prozent der Bewerber mit Realschulabschluss. DGB-Vize Elke Hannack kritisiert: „In den Lehrstellenanzeigen der IHK sind viele Angebote von vorneherein nicht für Hauptschüler ausgeschrieben.“
Jedes Jahr gehen Zehntausende Bewerber leer aus. 179 000 der Bewerber, die derzeit bei der BA registriert sind, waren bereits in mindestens einem der vergangenen fünf Jahre dort gemeldet. DGB-Vize Hannack betont: „Sie sind alle ausbildungsreif.“