TÜV für Artenschutz-Gutachter gefordert
Naturschutzverbände kritisieren Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen
- Die Naturschutzverbände BUND, Nabu und LNV fordern, Gutachten zum Bau von Windkraftanlagen besser zu kontrollieren. Die Expertisen legen dar, ob geplante Windräder geschützten Tier- oder Pflanzenarten schaden könnten. Doch viele Gutachten sind aus Sicht der Verbände mangelhaft. Damit fehle den Behörden eine verlässliche Grundlage, um den Bau einer Anlage zu genehmigen oder abzulehnen.
Wer ein Windrad bauen möchte, muss sich dieses bewilligen lassen. Dazu gehört auch, ein Artenschutzgutachten in Auftrag zu geben und zu zahlen – je nach Größe einer Anlage kommen dabei sechsststellige Beträge zusammen. Die Landratsämter entscheiden anhand der Unterlagen. Naturschutzverbände haben sich nun Gutachten aus acht Fällen angeschaut. In der Auswahl waren auch Verfahren aus den Kreisen Sigmaringen, Tuttlingen, Alb-Donau und Ostalb. Welche Kreise letztlich ausgesucht werden, behalten die Verbände aus Datenschutzgründen für sich.
Verbindliche Vorgaben fehlen
„Das Ergebnis ist ernüchternd“, sagte NABU-Landeschef Johannes Enssle am Donnerstag in Stuttgart. Die Gutachten wiesen zum Teil erhebliche methodische Mängel auf. Brigitte Dahlbender vom BUND konstatierte: „Die Genehmigungsbehörden in den Landratsämtern prüfen die Gutachten nicht genügend und genehmigen zu lasch.“
Der Bundesverband Windenergie, der mehr als 3000 Unternehmen der Branche vertritt, kritisierte die Stichprobe als nicht repräsentativ. Gleichzeitig sagte der Verband zu, die Ergebnisse zu prüfen und mit den Verbänden über Konsequenzen zu beraten. Ähnlich äußerte sich Umweltminister Franz Untersteller (Grüne). „Fakt ist: Sowohl bei der Planung als auch bei der Genehmigung von Windkraftprojekten spielt der Artenschutz oftmals eine entscheidende Rolle“, sagte er. Sein Haus tue viel, um den Behörden Hilfestellung bei der Genehmigungspraxis zu geben.
Doch daran zweifeln die Naturschutzverbände. Es gibt zwar Empfehlungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) dazu, welche Methoden die Gutachter anwenden sollen.
Die Empfehlungen des LUBW sind aber nicht verbindlich für die Behörden. Die Naturschutzverbände fordern daher, die Vorgaben zur Pflicht zu machen. Außerdem soll eine unabhängige Prüfstelle zehn bis 15 Prozent alle Anträge für Windkraftanlagen untersuchen. Mittelfristig brauche es einen Art TÜV für Gutachter – sie müssten ihre Eignung nachweisen. „Bürgerinitiativen gegen Windkraft oder die Organisation ,Naturschutzinitiative’ warten nur darauf, in Baden-Württemberg den Fuß in die Tür zu bekommen“, sagte BUND-Chefin Dahlbender. Deswegen sei es umso wichtiger, die Entscheidungsgrundlagen sauber zu gestalten. Denn, so betonten alle drei Verbände: „Grundsätzlich wolle und brauche man die Windkraft.“
Das sieht die „Naturschutzinitiative“anders. Der Verband gründete sich, um den Windkraftgegnern ein Zuhause zu geben. Er hat in BadenWürttemberg nach eigenen Angaben 4000 Mitglieder und Förderer. Landessprecher Wolfgang Epple sagte: „Eine naturverträgliche Energiewende ist ein Widerspruch in sich.“Die Empfehlungen des LUBW seien politisch gefärbt, weil die Windkraft in Baden-Württemberg gewollt sei.
Kritik am Umweltministerium äußerte das Landratsamt Sigmaringen, das von den Naturschutzverbänden geprüft wurde. Man habe zuletzt eigens zwei neue Stellen geschaffen, um Verfahren rasch abzuschließen. „Die Änderung der Prüfkriterien für die naturschutzfachliche Bewertung durch das Land während der bereits laufenden Genehmigungsverfahren hat die zeitnahe Bearbeitung ebenso erschwert wie die Weiterentwicklung der Rechtsprechung .“