Trump erneuert „America first“-Doktrin
In seiner ersten UN-Rede droht der US-Präsident Nordkorea mit „totaler Zerstörung“
(dpa/epd) - US-Präsident Donald Trump hat in seiner ersten Rede vor den Vereinten Nationen (UN) seine Absicht wiederholt, die Außenpolitik an amerikanischen Interessen ausrichten zu wollen. „Als Präsident der Vereinigten Staaten werde ich Amerika immer an erster Stelle stellen“, sagte Trump am Dienstag bei der UN-Generaldebatte in New York. Genauso sollten es auch andere Staats- und Regierungschefs tun, fügte er hinzu. „Alle verantwortlichen Staatenlenker stehen in der Pflicht, ihren eigenen Bürgern zu dienen.“
Trump betonte in seiner Rede mehrmals das Prinzip der staatlichen Souveränität. Starke und unabhängige Nationalstaaten würden die 193 Länder zählende Weltorganisation zum Erfolg führen, sagte Trump. Das Erreichen der UN-Ziele hänge an Staaten, die ihre Souveränität und ihren Friedenswillen lebten. Zur Rolle der USA sagte Trump: „Wir wollen unsere Art zu leben nicht jedem überstülpen.“
Nordkorea drohte Trump mit der „totalen Zerstörung“, sollten die USA zur eigenen Verteidigung oder der ihrer Verbündeten keine andere Wahl haben. „Der Raketenmann befindet sich auf einer Kamikaze-Mission für sich und sein Regime“, sagte der US-Präsident. Kein anderes Land habe anderen Nationen und dem eigenen Volk so viel Verachtung entgegengebracht wie das Regime in Pjöngjang. Kein Land der Erde dürfe ein Interesse daran haben, dass die dort regierende „Bande von Kriminellen“sich mit Nuklearwaffen und Raketen bewaffne.
Die in oft sehr aggressivem Tonfall vorgetragene Rede hätte keinen größeren Gegensatz zu der von UNGeneralsekretär António Guterres darstellen können, der die Generaldebatte als erster Redner eröffnet hatte. Auch Guterres verurteilte die Atomtests Nordkoreas, und er rief zu einem gemeinsamen Vorgehen des UN-Sicherheitsrats auf. „Wir brauchen eine politische Lösung“, betonte er. „Wir dürfen nicht schlafwandlerisch einen Krieg beginnen.“
Ähnliche Töne schlugen Guterres und Trump nur beim Kampf gegen den Terrorismus an. Guterres kündigte einen Sondergipfel für nächstes Jahr an, bei dem die Chefs aller Antiterroragenturen eine Allianz vereinbaren sollen.
- In seiner Premierenrede vor der Vollversammlung der UN hat Donald Trump Nordkorea mit der totalen Zerstörung gedroht, während er durchblicken ließ, dass er das maßgeblich von seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelte Atomabkommen mit Iran wohl aufkündigen wird. Der Rest war eine rigorose Untermauerung seiner nationalistischen Agenda.
Nach dem Ende seiner Rede dürfte so etwas wie ein Aufatmen durch die Reihen seiner Berater gegangen sein. Wenigstens hat er sich ans Manuskript gehalten, unbeirrt vom Teleprompter abgelesen, statt plötzlichen Einfällen zu folgen und aus dem Stegreif zu fabulieren, wie es sonst oft seine Art ist. Misst man es an Äußerlichkeiten, steht der disziplinierte Donald Trump am Rednerpult der Vereinten Nationen, nicht der spontan vom Leder ziehende Rabauke, als den man ihn von Wahlkundgebungen kennt. Der Substanz nach aber ist der Hardliner zu erleben, der Verfechter des „America First“, der seinen ersten Auftritt vor dem Forum kollektiver Diplomatie nutzt, um den Grundsatz nationaler Souveränität zu betonen.
„Kein einseitiger Deal mehr“
Weder erwarte Amerika, dass verschiedenartige Länder dieselbe Kultur und dieselben Traditionen teilten, noch gelte dies in Bezug auf das Regierungssystem, sagt Trump. Allerdings erwarte es, dass sich alle Staaten an zwei Kernprinzipien halten, nämlich die Belange ihrer eigenen Völker zu vertreten und die Rechte souveräner Nationen zu respektieren. Als Präsident der Vereinigten Staaten, so Trump, werde er amerikanische Interessen immer obenan stellen, so wie andere die Interessen ihrer Länder stets an die erste Stelle setzen sollten. „Wir lassen uns nicht länger ausnutzen, wir werden uns auf keinen einseitigen Deal mehr einlassen“, bei dem man keine Gegenleistung bekomme. Andere manipulierten das System, fügt er später hinzu, andere hätten die Spielregeln verletzt. Weshalb die eigene Mittelschicht, einst der Fels amerikanischen Wohlstands, vergessen und abgehängt worden seien. Die wichtigste Aufgabe einer Regierung, betont Trump, bestehe darin, ihre eigenen Bürger zu schützen.
Der Präsident, hatte dessen UNBotschafterin Nikki Haley das Publikum eingestimmt, werde die richtigen Leute ohrfeigen und die richtigen Leute umarmen. Von Umarmungen ist dann so gut wie nichts zu spüren. Lediglich China und Russland werden am Rande lobend erwähnt, weil sie für Sanktionen gegen Nordkorea stimmten, ebenso die Türkei, Jordanien und Libanon für die Aufnahme syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge. Beim Dauerbrenner UN-Budget lässt Trump, trotz aller Ihr-übervorteiltuns-Rhetorik, eine gewisse Flexibilität erkennen. Die USA seien nur eines von 193 Mitgliedern der UN, zahlten aber 22 Prozent ihres Etats „und noch mehr“, wiederholt er seine Klage über ungerechte Lastenverteilung, um im nächsten Satz den Reformer zu geben, der durchaus mit sich reden lässt. Sollte die Staatenorganisation ihre Ziele tatsächlich erreichen, allem voran das Ziel, den Frieden zu wahren, könnte sich die amerikanische Investition vielleicht lohnen. Die vorab in den Medien gestreute Hoffnung, Trump könnte einen Rückzug vom Rückzug aus dem Pariser Klimaschutzabkommen in Aussicht stellen, bleibt eine Schimäre. Zum Thema Klimawandel verliert er in seiner Rede kein Wort. An Ohrfeigen dagegen mangelt es nicht: Statt verbal abzurüsten, treibt er die rhetorische Eskalation im Atomstreit mit Nordkorea auf die Spitze.
Keine Nation habe ein Interesse daran, einfach zuzuschauen, wie sich eine „Bande von Kriminellen“mit Kernwaffen und Raketen aufrüste, sagt Trump über das Regime in Pjöngjang. Falls die USA sich selbst und ihre Alliierten verteidigen müssten, „werden wir keine andere Wahl haben, als Nordkorea vollständig zu zerstören“. Der Raketenmann, wie er den Diktator Kim Jong-un nennt, befinde sich auf einer Selbstmordmission. Amerika sei bereit, willens und fähig, doch hoffentlich werde sich eine Militäraktion erübrigen. Darauf hinzuarbeiten sei Sache der UN, dafür gebe es die UN. „Mal sehen, wie sie sich dabei anstellt“, schiebt er fast spöttisch hinterher. Nordkorea, unterstreicht Trump, müsse begreifen, dass seine Zukunft allein im Verzicht auf Atomwaffen liege.
Iran wirft er vor, den Nahen Osten zu stabilisieren und zugleich an Raketen zu bauen. Wenn das 2015 unterzeichnete Atomabkommen nur dazu diene, die Fortsetzung des iranischen Nuklearprogramms zu tarnen, werde Washington nicht daran festhalten, sagt der Mann, dessen Regierung bis zum 15. Oktober zu beurteilen hat, ob Teheran die Vertragsbestimmungen einhält. Ohnehin sei der Iran-Deal einer der schlechtesten, den die USA jemals geschlossen hätten, „eine Peinlichkeit für die Vereinigten Staaten. Ich glaube nicht, dass Sie dazu schon das letzte Wort gehört haben.“