Luther kam nur bis Augsburg
Luther und die Reformation – das Thema ist 2017 allgegenwärtig. Die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) hat gleich eine Luther-Dekade ausgerufen. Die großen Ausstellungen fanden in Berlin, Wittenberg und Eisenach statt, also im deutschen Kernland der Reformation. Dort wurde auch 1617 das erste
Luther-Jubiläum begangen. Die Feiern von 1817 und 1917 waren eine Demonstration der engen Verbundenheit von weltlicher und geistlicher Macht. Auch im aktuellen Lutherjahr 2017 kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass im offiziellen LutherGedenken immer noch die alte preußisch-protestantische Leitkultur mitläuft. Aus süddeutscher und historischer Perspektive stellt sich die Reformation jedoch an- ders, als ein differenziertes Ereignis dar. Zwar ist auch das Herzogtum Württemberg ein frühes Kernland der Reformation, aber es ist umgeben von einem Flickenteppich zahlreicher unterschiedlicher Herrschaften. Ein Blick auf die Landkarte jener Zeit zeigt: Die Kleinstaaterei stand der flächendeckenden Einführung des Protestantismus in Oberschwaben entgegen. Es gab die Reichsstädte, geistliche Herrschaften wie Klöster und Bischöfe und weltliche Herrschaften von Grafen, Herren und Rittern. In dieser Region spielt das Jahr 1517 nicht die zentrale Rolle. Und vor allem steht Luther hier in Konkurrenz zu anderen Reformatoren. So unterzeichneten die Reichsstädte Konstanz, Lindau und Memmingen nicht die „Lutherische Augsburger Konfession“, sondern wollten zusammen mit Straßburg in einem „Vierstädtebekenntnis“zwischen Luther und Zwingli vermitteln. (bami)