Nach dem Wahldebakel in die Opposition
Martin Schulz will trotz historischer Schlappe Vorsitzender bleiben und die Partei erneuern
- Was hat er gekämpft. Martin Schulz, der hoch angesehene und doch auch gern bespöttelte Kanzlerkandidat der SPD aus Würselen. Der Mann, der auf Tuchfühlung mit seinen Wählern geht, der glaubhaft das Gefühl vermitteln kann, dass er weiß, wie viel eine Putzfrau verdient und was eine Alleinerziehende für Probleme hat. Er war angetreten, die durch die Agenda 2010 verprellten Wähler der SPD wieder zurückzuholen – und fuhr das schlechteste Wahlergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik ein.
„Heute ist ein schwerer und ein bitterer Tag für die deutsche Sozialdemokratie“, räumt Martin Schulz die Niederlage ein. Das Entsetzen steht ihm ins Gesicht geschrieben, doch der SPD-Chef gibt sich kämpferisch, ruft dazu auf, das Ergebnis und den Wahlkampf offen und sorgfältig zu analysieren.
Kurz nach 18.30 Uhr, im WillyBrandt-Haus herrschen Schockstimmung und Frust – eigentlich. Doch durchs Atrium der Parteizentrale schalt es „Martin, Martin“. Der gescheiterte Hoffnungsträger, dem niemand abspricht, hervorragend gekämpft zu haben, wird gefeiert. Schulz bedankt sich freundlich, versucht nicht, die Klatsche zu beschönigen. Er zeigt sich schockiert über das Abschneiden der AfD. „Das ist eine Zäsur, und kein Demokrat kann darüber einfach hinweggehen“, ruft der SPD-Chef seinen Anhängern zu.
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