Ein bisschen Verrücktheit gehört dazu
Im Deutschen Harmonikamuseum startet die Sonderausstellung zum Bandoneon-Spieler Astor Piazzolla
– Zum Gedenken an den 25. Todestag des berühmten Komponisten und Bandoneon-Spielers Astor Piazzolla zeigt das Deutsche Harmonikamuseum Trossingen eine Sonderausstellung. Zur Vernissage am Samstagabend hatte Museumsleiter Martin Häffner illustre Gäste geladen.
„Muss man verrückt sein, um Bandoneon zu spielen?“fragte Häffner als Auftakt des Podiumsgesprächs. Er wandte sich dabei direkt an Karin Eckstein, Virtuosin auf dem 142-tönigen Bandoneon. „Das weiß ich nicht“, lautete die Antwort, „doch hat mein Vater mir das gesagt, als wir einmal alte Noten sortierten und ich ihn nach dem mir bis dahin unbekannten Instrument fragte“. Eckstein hatte Klavier und Kirchenorgel studiert. Durch Zufall fand sie bald darauf eine spielbare Konzertina auf einem Flohmarkt, nahm in Berlin Unterricht und studierte dann Bandoneon bis 2003 in Frankreich. Bei der Vernissage erläuterte sie kurz die Besonderheiten des Instruments, sprach über die Notwendigkeit, sich auch mit dem „alten Tango“auseinanderzusetzen, um den „Tango nuevo“Astor Piazzollas authentisch spielen zu können: „Was wichtig ist, steht nicht in den Noten“. Das Bandoneon sei „nicht logisch erschließbar“, habe den Tonumfang einer Kirchenorgel und ein enormes Ausdrucksspektrum – „wenn man die richtigen Knöpfe gefunden hat“.
Alte Tradition, neuer Verein
Aus dem sächsischen Carlsfeld im Westerzgebirge war der Bandoneonbauer und -lehrer Robert Wallschläger zur Vernissage gekommen. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die 1846 entstandene Tradition des Bandoneon-Baus in Carlsfeld wieder aufleben zu lassen. Erfolgreich, wie man auch an der Entwicklung des dort 2001 gegründeten Bandonion-Vereins von drei auf nun fast 30 aktive Mitglieder sehen kann. Gute Erfahrung habe der Verein vor allem bei Einsteigern mit aus Zahlen und Zeichen bestehenden Anleitungen gemacht, die rasche Erfolgserlebnisse auch ohne Notenkenntnis ermöglichen.
Der Hauptleihgeber der Sonderausstellung, Axel Steinhart aus Laufen im Breisgau, erzählte von der Sammelleidenschaft seines Vaters und von der dreimonatigen Argentinienreise, die er zwischen Schule und Studium unternommen hatte. Dabei konnte er zahlreiche Größen des Tangos persönlich kennenlernen. Astor Piazzolla war häufig zu Gast bei seinem Vater und verliebte sich in eines der Sammlerstücke, das 1935 von Alfred Arnold in einer Luxusausführung gebaut worden war.
Zahlreiche Anekdoten über „das handsame Schlitzohr“Piazzolla steuerte Dieter Ott bei, der seit Jahrzehnten Tango-Musiker, Sänger und Tänzer als Agent betreut und Auftritte organisiert.