Land gibt Rekordsumme aus
Rund 100 Milliarden Euro für zwei Jahre – 500 Millionen Euro fließen in Schuldentilgung
- Baden-Württemberg nimmt so viel Steuern ein wie noch nie. Für 2017 rechnet Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) mit 37 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Was macht das Land mit dem Geld? Am Dienstag hat die Regierung in Stuttgart ihren Haushaltsentwurf beschlossen.
Wie viel Geld gibt das Land aus?
2018 fließen aus den Kassen der Regierung voraussichtlich 49 Milliarden Euro, 2019 mehr als 50 Milliarden. Damit steigen die Ausgaben weiter: 2017 liegen sie bei 47,9 Milliarden Euro, schon das ist ein Rekord. Dank der sprudelnden Steuereinnahmen muss das Land keine neuen Kredite aufnehmen – wie bereits seit 2015 nicht mehr.
Zahlt das Land Schulden zurück?
Ja. Das Land hat Kredite in Höhe von rund 47 Milliarden Euro aufgenommen. Bis 2020 zahlt es 500 Millionen Euro zurück. Außerdem tilgen Grüne und CDU „implizite Schulden“.
Was sind „implizite Schulden“?
Den Begriff „implizite Schulden“haben CDU und Grüne kreiert. Laut Gesetz war das Land bis 2016 verpflichtet, bei hohen Einnahmen Kredite zu tilgen. Ginge es nach der alten Regel, müssten in den kommenden beiden Jahren insgesamt 2,4 Milliarden Euro zurückgezahlt werden. Doch Grüne und CDU haben die Regeln geändert. Nun dürfen aus Überschüssen auch „implizite Schulden“getilgt werden. Nach Lesart der Landesregierung sind das zum Beispiel marode Straßen im Landesbesitz. Würden sie nicht saniert, drohe künftigen Generationen eine Kostenlawine. Dem Land gehören 8000 Gebäude und 9900 Kilometer Straße. Allein bei den Universitäten rechnet das Land mit Erneuerungsbedarf von bis zu vier Milliarden Euro. Deshalb steckt die Regierung 2018 und 2019 rund 1,9 Milliarden Euro in Sanierung und Vorsorge. Davon fließen 200 Millionen Euro in Straßen und rund 950 Millionen in Gebäude. Die Kommunen bekommen 244 Millionen, um etwa marode Schulen zu sanieren. Außerdem zahlt das Land 120 Millionen in den Versorgungsfonds ein. Darin spart das Land Geld für jene Jahre, in denen zwischen 2030 und 2040 besonders viele seiner Beamten in Pension gehen.
Wo wird gespart?
Das Land hat Glück: Weil die Zinsen so niedrig sind, schuldet das Finanzministerium um. Es nimmt neue Kredite auf, für die weniger Zinsen anfallen. Deswegen spart man Geld im Vergleich zu den langfristigen Planungen, in denen mit höheren Zinsen gerechnet wurde. Etwa 300 Millionen Euro kommen so zusammen. Weitere 300 Millionen müssen die Ministerien einsparen. Wo genau, wird derzeit noch festgelegt. 157 Millionen weniger als geplant muss das Land für Flüchtlinge ausgeben, weil weniger Menschen nach BadenWürttemberg kommen.
Wofür wird mehr ausgegeben?
Zum Beispiel für 1500 Polizisten, für schnelles Internet, für 225 Stellen in der Naturschutzverwaltung sowie für 1300 Lehrer. Justizminister Guido Wolf (CDU) kann 420 zusätzliche Stellen besetzen, darunter 122 Staatsanwälte und Richter. 55 davon arbeiten an Verwaltungsgerichten daran, die gestiegen Zahl von Asylverfahren zu entscheiden. Hinzu kommen 64 Justizwachtmeister und 151 Stellen in Gefängnissen. Dennoch sollen 2019 rund 600 Menschen weniger im Landesdienst stehen als heute.
Wie geht es weiter?
Die Fraktionen beraten den Etatentwurf und bringen Änderungswünsche ein. Es gilt zum Beispiel als wahrscheinlich, dass sich Grüne und CDU auf neue Stellen für Lebensmittelkontrolleure und Amtstierärzte einigen. Am 20. Dezember soll das Parlament den Etat verabschieden.
Was sagen Kritiker?
AfD, SPD und FDP fordern, mehr Schulden zu tilgen. Das Land habe 2016 Überschüsse von 2,7 Milliarden Euro erwirtschaftet. Angesichts steigender Steuereinnahmen müsse eine höhere Rückzahlung möglich sein. Unzufrieden sind auch die Kommunen. Ihre Verhandlungen über die Landeszuschüsse sind bislang gescheitert. „Wir fühlen uns vom Land nicht ernst genommen“, so Gudrun Heute-Bluhm vom Städtetag. Die Regierung ziehe Gespräche über Gelder etwa für öffentlichen Nahverkehr oder Kinderbetreuung offenbar bewusst in die Länge. Ein Sprecher des Ministeriums sagte dazu, die Kommunen seien auf Angebote der Regierung nicht eingegangen. Dabei bekämen sie bis 2020 unter anderem 244 Millionen Euro für Sanierungen und damit deutlich mehr als geplant.