„Zeit hat heute mehr Wert als früher“
Selbstmanagementexpertin Cordula Nussbaum spricht am Donnerstag über Zeiträuber
- In der Reihe „Die Erfolgsmacher“in der Möhringer Angerhalle tritt am Donnerstag, 12. Oktober, die Selbstmanagementexpertin Cordula Nussbaum auf. Sie erklärt, wie man die sogenannten Zeitkiller erkennt und vermeidet. Redakteurin Anja Schuster hat im Vorfeld ihres Vortrags (Beginn 19.30 Uhr) mit ihr darüber gesprochen.
Frau Nussbaum, Sie werden gerne als Selbstmanagementexpertin bezeichnet. Wie sind Sie das geworden?
Ich habe vor rund 25 Jahren die Methoden des klassischen Zeitmanagements kennengelernt. Und bin damit gnadenlos gescheitert. Listen machen, Prioritäten setzen, diszipliniert abarbeiten – das hat bei mir einfach nicht geholfen. Im Gegenteil. Mein Stress ist dadurch noch viel größer geworden. Jahre später als Wirtschaftsjournalistin hielt ich Seminare für Freiberufler und Kleinunternehmer zum Thema Marketing. Immer wieder stöhnten die Selbstständigen, dass sie einfach keine Zeit hätten, Marketing zu machen. Das war für mich die Initialzündung, mich wieder in das Thema Zeit- und Selbstmanagement einzuarbeiten. Mir war klar – die Tipps, die mir damals nicht geholfen hatten, die gebe ich garantiert nicht weiter. Und so entwickelte ich einen „kreativ-chaotischen“Ansatz. Sicherlich hat mir dabei mein Psychologiestudium geholfen. Aber vor allem war es der Blick auf die Anforderungen im echten Alltag, die mich getrieben haben.
„Immun gegen Zeiträuber“, so heißt Ihr Vortrag, den Sie am Donnerstag in der Angerhalle in Möhringen halten werden. Was erwartet die Besucher denn an diesem Abend?
Ich habe gegen einige der häufigsten Zeiträuber praktische Tipps eingepackt. Das sind einerseits Querdenker-Tipps, die man sofort im Alltag umsetzen kann. Und wir werden auch ein paar grundlegende Strategien anschauen, wie die Zuhörer von Grund auf mehr Ruhe und Lebensqualität in ihren Alltag bringen können.
Ohne zu viel vorneweg zu greifen: Können Sie einen klassischen Zeiträuber benennen und wie man diesen vermeidet?
Wie oft und wie lange ärgern Sie sich abends, dass Sie wieder nicht alles geschafft haben, was Sie schaffen wollten? Lassen Sie es eine Minute pro Tag sein. Das sind pro Woche sieben Minuten – in einem 80jährigen Leben 29 120 Minuten, oder über 20 Tage Lebenszeit, die Sie sich ärgern. Plus die Minuten, die Sie im Anschluss verlieren, weil Sie total demotiviert sind. Schnell- Tipp: Blicken Sie auf Ihren Tag zurück mit der Fünf-Finger-Methode. Betrachten Sie Ihren Daumen – was haben Sie heute dazugelernt? Zeigefinger – was haben Sie heute getan, was Sie Ihren Zielen näherbringt? Mittelfinger – welche schönen Momente hatten Sie mit Ihren Mitmenschen? Ringfinger – wem waren Sie heute ein guter Ratgeber oder wer hat Ihnen mit einem Rat geholfen? Kleiner Finger – was haben Sie heute Ihrem Körper Gutes getan? Schauen Sie nicht nur auf messbare Ergebnisse oder abgehakte To-Do’s. Das Leben ist so viel mehr als das!
Sie halten Vorträge und geben Seminare, wie sieht denn Ihr klassisches Klientel aus, oder gibt es das gar nicht?
Meine Teilnehmer wollen bewusst mit sich, ihrer Zeit und ihren Aufgaben umgehen. Sie wollen sich nicht von Pflichten und To-Do’s hetzen lassen. Oft sind es Berufstätige, Führungskräfte oder Unternehmer, die raus wollen aus dem Stress und lieber souverän ihre Tage so gestalten wollen, dass Produktivität und Lebensqualität stimmen.
Mit „Das Leben ist doch keine ToDo-Liste“war mal ein Interview mit Ihnen überschrieben: Halten Sie nichts von To-Do-Listen, die doch oft als das Heilmittel gehandelt werden, um Ordnung ins eigene Leben zu bringen?
Die To-Do-Liste, wie wir sie kennen, erzeugt bei den meisten Menschen mehr Stress als Entlastung. Deshalb habe ich eine Alternative in meinem Vortragsgepäck. Eine Alternative, die hilft den Kopf frei zu bekommen, uns dabei aber weder ein schlechtes Gewissen macht noch Zeit raubt, um Unerledigtes ständig zu übertragen.
Bekommt Zeit in unserem heutigen Alltag eine größere Bedeutung als beispielsweise vor 20 Jahren? Wenn ja, woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Es ist paradox: Früher hatten die Menschen gefühlt „mehr Zeit“. Das liegt daran, dass wir nicht ständig erreichbar waren und viel weniger unter Störungen litten. Das Tempo in unserem Leben hat messbar angezogen – und die Lebensqualität bleibt da schnell auf der Strecke. Entsprechend hat Zeit heute mehr Wert als früher, weil wir uns mehr bewusst werden, was wirklich wichtig ist im Leben.
Wie nutzen Sie denn Ihre Zeit sinnvoll, wenn Sie alle Zeiträuber erfolgreich ausgemerzt haben?
(lacht) Auch ich falle immer wieder auf Zeiträuber rein und das ist auch gut so. Denn wie furchtbar wäre ein Leben, das komplett durchgetaktet wäre. Da hätten wir zwar alle Zeiträuber eliminiert – aber keinen Spaß mehr im Leben. Sinnvoll genieße ich meine Zeit mit meiner Familie, meinem Mann, meinen Kindern und unseren Freunden und wenn ich in der Hängematte liege und lese.