Heuberger Bote

Phönix und Frauenhaus ziehen zusammen

Beratungss­tellen der beiden Vereine sind ab November in der Wilhelmstr­aße 4 zu finden

- Von Ingeborg Wagner

Fallzahlen steigen

Unabhängig voneinande­r haben beide Einrichtun­gen festgestel­lt, dass die Fallzahlen steigen. Bei Phönix gab es 2016 noch 45 Beratungsf­älle. Das liege etwa im langjährig­en Mittel. Laut Sabine Dietrich sind es in diesem Jahr aber bereits 51 Fälle – „alle drei Mitarbeite­rinnen haben momentan fast doppelt so viele Beratungen, wie wir eigentlich leisten können“. Für diesen Anstieg hat sie keine schlüssige Erklärung. Aufgefalle­n ist ihr aber, dass zuletzt einige Klienten über die Polizei an den Verein verwiesen worden seien. In der Regel dann, wenn das nicht-missbrauch­ende Elternteil Anzeige erstattet hat.

Das erinnert an den Fall, der erst kürzlich bundesweit durch die Medien ging: Die Behörden versuchten mit dem Bild eines Kindes aus einem Missbrauch­svideo im Netz dessen Identität festzustel­len. Das gelang. Wie sich herausstel­lte, gehörte der Täter zum direkten Familienum­feld. Wie perfide diese Übergriffe vor sich gehen, wie „geschickt“in Anführungs­strichen die Missbrauch­enden vorgehen, das hat Dietrich in den Jahren ihrer Beratungst­ätigkeit immer wieder mitbekomme­n.

Zum Frauenhaus: In der Beratungss­telle des Vereins, die bislang schon unabhängig vom eigentlich­en Frauenhaus im Evangelisc­hen Gemeindeha­us untergebra­cht war, gibt es im Schnitt zwischen 50 und 70 Beratungen im Jahr. „Das hat eher angezogen“, lautet Schmieders Bilanz. Die Kontakte zur Beratungss­telle, die von Isabelle Riklin geleitet wird, reichen von einem Besuch, zum Beispiel, wenn sich Frauen juristisch über das Thema Trennung erkundigen, bis hin zu mehreren Terminen und dem Einbeziehe­n anderer Einrichtun­gen – sei es Phönix, sei es eine psychologi­sche Beratungss­telle oder das Arbeitsamt. Was am Ende steht – Trennung oder Versöhnung – ist dabei offen. Um einem Vorurteil entgegenzu­wirken: Frauen, die sich an die Beratungss­telle wenden, kommen aus allen sozialen Schichten, so Schmieder.

Das Team des Frauenhaus­vereins freut sich über die Möglichkei­ten, die sich an der neuen Adresse bieten. Nun gibt es zwei Zimmer, statt bislang einem. „Es war oft schwierig, wenn die Frauen ihre Kinder bei den Terminen dabei hatten“, erklärt die Frauenhaus-Leiterin. Dadurch habe einiges nicht zur Sprache kommen können.

Akutfälle als Opfer häuslicher Gewalt finden Zuflucht im Tuttlinger Frauenhaus. Zwölf Plätze gibt es, diese sind in der Regel belegt. Das ist seit Jahren so. „Und zwar in ganz Baden-Württember­g“, verweist Schneider auf die Belegung anderer Häuser im Land. Hier spielt ein anderes Problem hinein: die Wohnungsno­t, vor allem im sozialen Wohnungsba­u. Die Frauen finden keine andere Unterkunft in Tuttlingen und Umgebung und blockieren somit die Plätze im Frauenhaus. „Wir hatten schon einen Fall, da blieb eine Frau zwölf Monate bei uns“, sagt Regina Storz-Irion vom Vorstandst­eam des Frauenhaus­vereins. Ein Beispiel: Momentan lebt eine Frau mit fünf kleinen Kindern im Haus. Auch da wird es schwierig, passenden Wohnraum zu finden. Die Familie belegt zwei Zimmer, dadurch ist die Zahl der Bewohner auf 14 gestiegen – mehr geht kaum.

Zentral und dennoch anonym

Muss es aber manchmal: Im Juli 2016 lag die Auslastung des Frauenhaus­es bei 130 Prozent. Nicht umsonst spricht der Verein von Akutfällen: Die Frauen kommen auch nachts und an den Wochenende­n ins Frauenhaus. Dann, wenn die Gewalt zu Hause eskaliert. Im vergangene­n Jahr nahm eine Frau das Frauenhaus zum vierten Mal in Anspruch.

In der Wilhelmstr­aße 4 komme „nun zusammen, was zusammen gehört“, finden die Mitglieder der beiden Vereine Phönix und Frauenhaus. „Die neuen Räume sind zentral gelegen, bieten dennoch eine gewisse Anonymität, und dass der Frauenhaus­verein mit dabei ist, freut uns richtig“, lautet die Bilanz von Heide Haffa-Neef vom Phoenix-Vorstandst­eam. Nun wird noch das Büro renoviert, und die Techniker der Telekommun­ikationsan­bieter müssen für die Erreichbar­keit per Telefon und Mail sorgen – dann geht’s Anfang November los.

Gemeinsam.

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FOTO: INGEBORG WAGNER Der Verein Phönix hat sich provisoris­ch in den neuen Räumen in der Wilhelmstr­aße 4 in Tuttlingen schon angemeldet. Das Klingelsch­ild für den Frauenhaus­verein fehlt noch.

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