Surteco mischt in jedem Haushalt mit
Von Laminatböden bis Möbeloberflächen: Schwäbische Firma auf dem Weg an die Weltspitze
- Fast jeder hat ein Produkt der Firma in seiner Wohnung und seinem Büro. Das weiß nur kaum jemand. Ob es sich um Laminatböden, die Beschichtungen von Möbeloberflächen, Kantenbänder für Möbel aller Art oder Sockelleisten handelt: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie von der Firma Surteco im bayerisch-schwäbischen Buttenwiesen bei Donauwörth stammen. Das börsennotierte Unternehmen ist dank starkem organischen Wachstums und mehrerer Übernahmen wie Süddekor aus Laichingen bei Ulm zu einem der großen Spezialisten für Oberflächenmaterialien geworden.
Dass im ersten Halbjahr 2017 Umsatz und Ertrag rückläufig waren, bringt Konzernchef Herbert Müller nicht aus der Ruhe. Grund dafür seien „temporär rasant gestiegene Preise für den bei der Fertigung von Oberflächenbeschichtungen verwendeten Kunststoff ABS“. Zudem seien bei den Dekorpapieren die Umsätze gegenüber dem Vorjahreshalbjahr, das durch vorgezogene Bestellungen geprägt war, schwächer ausgefallen.
Müller geht dennoch davon aus, dass die Jahresziele erreicht werden. Nachdem 2016 bei einem Umsatz von 640 Millionen Euro der Gewinn um fast ein Drittel auf 41 Millionen Euro zugelegt hatte, erwartet er für 2017 einen um die Übernahmen bereinigten Erlöszuwachs von einem bis drei Prozent und einen operativen Gewinn von 42 bis 46 Millionen Euro.
Die Kunststoffsparte ist der kleinere Geschäftsbereich. Sie steht für Möbelbeschichtungen, Sockelleisten und Profile. Umsatzstärker ist der Bereich Dekorpapiere. Sie werden etwa für die Produktion von Laminatböden und Möbeln benötigt und auf Pressholzplatten aufgezogen.
„Unsere Fertigung in Buttenwiesen ist die modernste Produktionsstätte für Dekordruckpapiere in Europa“, sagt Müller stolz. „Wir wollen so hochwertige Produkte machen, dass Unterschiede zu Naturholz nicht mehr zu erkennen sind“, so Müller.
Rege Übernahmetätigkeit
Nach diversen Übernahmen sieht Müller Surteco „auf Augenhöhe mit unseren Wettbewerbern“und betrachtet sein Unternehmen als „Qualitätsund Technologieführer“. Neben organischem Wachstum setzt das Unternehmen auf Übernahmen. Etwa 35 bis 40 waren es, seit er 2001 in den Vorstand berufen wurde.
Als schwierig erwies sich die Integration der 2013 übernommenen Süddekor aus Laichingen, die zu einer Verdoppelung des Umsatzes führte und Surteco in den Börsenindex SDax katapultierte. Die Integration ist mit der Verlagerung der Druckerei von Laichingen nach Buttenwiesen erst Ende 2016 abgeschlossen worden. Die Fertigung im Laichinger Werk 2, wo Spezialprodukte hergestellt werden, „ist und bleibt in Betrieb und steht nicht zur Disposition“, versichert Müller.
Mit den Standorten Heroldstatt (Imprägnate) und Dunningen (technische Profile und Rolladensysteme für Möbel und Caravans) hat Surteco zwei weitere seiner zwölf deutschen Standorte in Baden-Württemberg. Weltweit hat das Unternehmen 25 Produktionsstandorte und beschäftigt 3300 Mitarbeiter, davon 1900 in Deutschland.
In diesem Jahr hat Surteco zwei Firmen zugekauft, „die uns geografisch und produkttechnisch voranbringen“, wie Müller betont. Die britische Nenplas verstärkt mit eigenen Produktionsstätten den Footprint in Großbritannien und im CaravanSegment. Die portugiesische Probos verschafft Zugang auf die iberische Halbinsel und nach Lateinamerika. Außerdem habe man das Know-how bei Kunststoffkantenbändern ausbauen können. Für Probos habe man mit 99 Millionen Euro etwas mehr ausgegeben, sich dafür aber die Kosten für eine alleinige Erschließung dieses Marktes gespart.
Solide Bilanzqualität
„Wir müssen das jetzt verdauen“, meint Müller, der trotzdem weitere Übernahmen nicht ausschließt. Denn die neu erworbenen Marken würden selbständig geführt und bänden keine internen Managementkapazitäten. „Wenn wir etwas Interessantes auf den Tisch bekommen, beschäftigen wir uns damit“, meint er. Leisten kann sich Surteco das. Die Eigenkapitalquote ist mit 49 Prozent hoch, die Bilanzqualität angesichts eines freien Cashflows von 20 Millionen Euro im ersten Halbjahr „sehr solide“. Voraussetzung für Akquisitionen sei, „dass sie strategisch passen, zusätzliches Know-how bringen und kein Sanierungsfall sind“.
Die übernommenen Marken bleiben vorerst erhalten – aber „gegenüber unseren Kunden soll die Marke Surteco weltweit wesentlich präsenter werden“, sagt Müller. Um nahe an den Kunden zu sein, fertigt Surteco auch in Indonesien (für Asien außer China), in Amerika und in Australien. „Wir leben von kurzen Lieferzeiten und einem hohen Servicegrad“, sagt er. China sei nicht aktuell, aber da müsse man auf Dauer präsent sein. Nach einem gescheiterten Anlauf vor einiger Zeit „wollen wir das nicht allein machen“.
Obwohl Surteco nicht mehr im SDax ist, hat sich der Kurs zuletzt positiv entwickelt. Der Unternehmenswert, der heute bei etwa 400 Millionen Euro liegt, soll nachhaltig steigen. Müller will noch stärker auf das Unternehmen aufmerksam machen, das zu 55,4 Prozent von drei Familienstämmen kontrolliert wird.