Großbritannien braucht die EU
Monatelang machten sich Theresa May und ihre Brexit-Hardliner Mut: Der Kontinent braucht uns mehr als wir ihn. Sie verwiesen auf Großbritanniens jährliche Nettozahlungen von rund neun Milliarden Euro, vor allem aber auf das Handelsbilanzdefizit von 60 Milliarden Euro pro Jahr. Die Insel importiert viel mehr Waren und Dienstleistungen vom Kontinent als umgekehrt. Die EU hat also großes Interesse an guten Handelsbeziehungen.
Der Brexit wird beiden Seiten erheblichen Schaden zufügen. Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es vernünftig gewesen, die Einbußen möglichst klein zu halten. London hätte also eine Lösung à la Norwegen oder Schweiz anstreben sollen: so nah wie möglich an Binnenmarkt und Zollunion. Stattdessen wurde schroff der Austritt aus der europäischen Zusammenarbeit verkündet.
Um die Integrität zu wahren, mussten die Brüsseler Verhandler deshalb hart bleiben. Dass May, Davis und Co. seit Wochen eine einstige „rote Linie“nach der anderen überschreiten, hat mit der Realität zu tun: Großbritannien braucht die EU viel mehr als umgekehrt. Die Nordkorea-Krise wird am heutigen Dienstag Thema bei einem NatoAußenministertreffen in Brüssel sein. Die Diskussion hat durch den jüngsten nordkoreanischen Raketentest neue Brisanz bekommen. Mit der neuartigen Rakete des Typs Hwasong-15 sei das Land nun in der Lage, das gesamte Festland der USA mit Atomsprengköpfen anzugreifen, hieß es im Anschluss von der Führung in Pjöngjang.
Die Streitkräfte der USA und Südkoreas haben am Montag ihr bislang größtes gemeinsames Luftwaffenmanöver gestartet. An der fünftägigen Übung „Vigilant Ace“in der Pazifikregion sind mehrere Zehntausend Soldaten sowie mehr als 230 Militärflugzeuge beteiligt, wie die südkoreanische Luftwaffe mitteilte. Bei der Militärübung kommen nach Angaben Seouls auch US-Tarnkappenbomber vom Typ F-22 Raptor zum Einsatz. China forderte alle Seiten dazu auf, gegenseitige Provokationen zu vermeiden. Die koreanische Halbinsel sei „hochsensibel“, erklärte Peking. Demnach sollten die Konfliktparteien „mehr tun, um die Spannungen zu beruhigen“. Nordkorea bewertete die Militärübung Südkoreas und der USA als „offene und umfassende Provokation“, die jederzeit zu einem Atomkrieg führen könne. Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, H.R. McMaster, warnte vor der „jeden Tag wachsenden“Gefahr eines Kriegs mit Nordkorea. Der republikanische US-Senator Lindsey Graham warnte vor einem sich anbahnenden „Präventivkrieg“. Er forderte den Abzug von Familienangehörigen des amerikanischen Militärs aus Südkorea. „Angesichts der Provokationen Nordkoreas ist es verrückt, Kinder und Ehefrauen nach Südkorea zu schicken“, sagte Graham. Seiner Einschätzung nach steigt die Gefahr eines militärischen Konflikts.
Das japanische Parlament bezeichnete die vorangegangenen Raketentests Nordkoreas in einer Resolution als „unmittelbare Bedrohung“.