Überwachungsvideo bringt Klarheit
Bewährungsstrafe nach Prügelei am Primtalcenter.
- Zu einer Schlägerei zwischen jungen Erwachsenen am Schmotzigen Donnerstag 2016 ist nach inzwischen knapp zwei Jahren ein erstes Urteil gefallen. Am Spaichinger Amtsgericht hat einer der Haupttäter wegen gefährlicher Körperverletzung eine Strafe von zehn Monaten auf Bewährung erhalten.
Elf Zeugen mit Erinnerungslücken, ein Angeklagter, der fast schon zu viel gesteht und eine Videodatei, die sich nicht so einfach abspielen lässt. Das waren die Zutaten für eine ungewöhnliche Verhandlung vor der Abteilung für Strafsachen am Amtsgericht Spaichingen. Angeklagt war ein 22-jähriger Spaichinger wegen einfacher und gefährlicher Körperverletzung in insgesamt fünf Fällen.
Gleich zu Beginn der Verhandlung räumte dieser die Anklagepunkte im Großen und Ganzen ein. Er könne sich aufgrund seines Alkoholpegels zur Tatzeit zwar nicht an Details erinnern, gebe aber zu, aktiv an der Schlägerei am Primtalcenter beteiligt gewesen zu sein, die Kontrahenten geschlagen und getreten zu haben. Angriffe auf vier Männer und eine Frau, alle damals zwischen 18 und 20 Jahren, bestätigte er. An den vermeintlichen Faustschlag gegen die Frau könne er sich zwar nicht erinnern, vorsorglich entschuldigte er sich aber bei der Geschädigten, die als erste Zeugin aufgerufen war. Die meinte sich dann auch zu erinnern, dass er es gewesen sei, der ihr den Schlag und damit eine Schwellung am Auge verpasst habe. Wie alle danach folgenden Zeugen war sie sich ihrer Sache aber nicht ganz sicher. Die Schlägerei sei unübersichtlich abgelaufen, nicht zuletzt deshalb, weil der Angeklagte nicht allein gewesen sei.
Unscharfe Aussagen, unscharfe Bilder
Wie genau die Schlägerei verlief, das stellte sich erst im Laufe eines aufwändigen Verfahrens heraus. Sämtliche Zeugen, beteiligt oder unbeteiligt, waren sich nach knapp zwei Jahren in ihren Aussagen unsicher. Allzu häufig musste Richterin Beate Philipp ihnen vorhalten, was sie damals gegenüber der Polizei ausgesagt hatten. Wer wen wann geschlagen oder getreten hatte, konnte keiner so ganz genau sagen, zu schnell sei alles gegangen, und Alkohol hatten alle intus.
Licht ins Dunkel sollte die Aufnahme aus der Überwachungskamera eines Discounters bringen. Allein, am Rechner im Sitzungssaal ließ sich die Datei auch nach mehreren Versuchen nicht abspielen. Rettung brachte schließlich der Laptop eines als Zeugen geladenen Polizeibeamten. Der hatte die Aufnahmen schon nach der Tat als erster gesichtet. Aus den diversen Zeugenaussagen, Polizeiprotokollen und den recht unscharfen Aufnahmen der Überwachungskamera ließ sich am Ende folgender Ablauf rekonstruieren:
Der Angeklagte war mit einem Bekannten auf eine Gruppe Feiernder auf dem Gelände des Discounters zugegangen. Zuerst entspann sich ein Gespräch, dann brach ein Streit zwischen dem Angeklagten und einem der späteren Zeugen aus. Grund dafür war wohl die Anwesenheit der Cousine des Angeklagten. Aus dem Wortgefecht wurde schnell eine handfeste Schlägerei, an der sich auch ein später dazu gestoßener Cousin des Angeklagten äußerst aktiv beteiligte.
Im Video konnten Richterin, Staatsanwältin und Verteidiger Schläge und Tritte des Angeklagten sehen. Den Faustschlag gegen die junge Frau hatte allerdings - wie im Video erkennbar - sein Cousin ausgeführt. „Glücklicherweise wurde niemand schwer verletzt“, konstatierte Richterin Philipp mit Blick auf die Aufnahmen. Tatsächlich kamen alle fünf Opfer mit Schürfwunden und Prellungen davon. Am Ende der stundenlangen Beweisaufnahme einigten sich Staatsanwältin und Verteidiger darauf, die verbliebenen Anklagepunkte unter einer Tateinheit zusammenzufassen. Die Dynamik des Geschehens und die kurze Dauer der Schlägerei von etwa zwei Minuten spreche dafür, dass keine separaten gezielten Angriffe gegen die einzelnen Opfer vorlägen. Ebenso einig waren sich alle Beteiligten, dass der Angeklagte aufgrund seiner Reife nach Erwachsenenstrafrecht beurteilt werden müsse.
Reue wirkt strafmildernd
Im Urteil lag das Gericht mit insgesamt zehn Monaten letztlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von einem Jahr und drei Monaten. Strafmildernd habe sich einerseits der Alkoholpegel von etwa 1,7 Promille ausgewirkt, andererseits die frühe Reue des Angeklagten, die er auch in seinem Schlussplädoyer wiederholte: „Mir tut die ganze Sache sehr leid. Ich werde die Konsequenzen tragen und so etwas nie wieder tun“. Zudem war die Staatsanwaltschaft im Plädoyer von einer Absprache zwischen dem Angeklagten und seinem Cousin ausgegangen, das Gericht sah dafür allerdings keine Hinweise. Zum Urteil kommen 1500 Euro Geldauflage und die Prozesskosten auf den Angeklagten zu.
Video unter www.schwaebische.de/pruegelei-spaichingen