Heftiger Protest in den islamischen Staaten
Dringlichkeitssitzung der Arabischen Liga – Der türkische Staatspräsident Erdogan beansprucht Führungsrolle bei der Reaktion auf Trumps Plan
- Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan beansprucht eine Führungsrolle bei der Reaktion der islamischen Welt auf die Jerusalem-Initiative von US-Präsident Donald Trump. Um ein gemeinsames Vorgehen der islamischen Staaten zu ermöglichen, lade Erdogan die fast 60 Mitgliedstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit für den 13. Dezember zu einem Sondergipfel nach Istanbul, teilte Präsidentensprecher Ibrahim Kalin mit.
Trumps Plan werde „nur in die Hände der Terrororganisationen spielen“, sagte Erdogan. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu erneuerte die Kritik der Türkei in einem Gespräch mit dem amerikanischen Außenamtschef Rex Tillerson. Erdogan hatte Jerusalem als „rote Linie“für die Muslime bezeichnet. „Wir verurteilen die unverantwortliche Stellungnahme der US-Regierung“, erklärte das Außenministerium. Jordaniens König Abdullah II. warnte nach einem Treffen mit Erdogan davor, die Rechte der palästinensischen Muslime und Christen in Jerusalem zu ignorieren. Die regierungsnahe türkische Presse verurteilte Das islamistische Blatt „Yeni Akit“kommentierte, Trumps Ankündigung könnte den „Beginn eines neuen Krieges“markieren.
Schon in der Vergangenheit hatte sich Erdogan mit scharfer Kritik an Israel hervorgetan, gleichzeitig aber pragmatisch mit dem jüdischen Staat kooperiert. Dies könnte auch diesmal der Fall sein, denn Erdogan geht es in dem Streit weniger um die Israelis als um Trump und die türkische Innenpolitik. Der türkische Präsident ist enttäuscht von seinem amerikanischen Amtskollegen, weil dieser die syrischen Kurden mit Waffen unterstützt. Zudem wirft Erdogans Regierung den Amerikanern vor, türkische Staatsfeinde zu unterstützen. Innenpolitisch war Erdogan zuletzt durch Korruptionsvorwürfe unter Druck geraten. Ein Auftritt als inoffizieller Anführer der islamischen Welt angesichts von Trumps Entscheidung soll Erdogans Wählerschaft besänftigen.
Die Arabische Liga beruft eine Dringlichkeitssitzung ein. Die Außenminister wollen am Samstag in Kairo über den US-Entschluss diskutieren, teilte die palästinensische Vertretung bei der Arabischen Liga mit.
Der saudische König Salman sagte in einem Telefonat mit Trump, eine Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels ohne eine abschließende Regelung mit den Palästinensern schade dem Nahost-Friedensprozess und erhöhe die Spannungen in der Region. Ein solch „gefährlicher Schritt“provoziere Muslime weltweit. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte Trump telefonisch gedrängt, die Lage in der Region nicht durch Schritte, die Chancen auf einen Frieden im Nahen Osten untergrüben, komplizierter zu machen. Marokko äußerte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur MPA „tiefe Sorge und scharfe Ablehnung“.
Iran wertet Trumps Entschluss als Zeichen der Schwäche. „Diese irrationale und provokante Entscheidung wird zu einer weiteren Intifada sowie mehr Extremismus und Gewalt führen“, erklärte das Außenministerium. Dieser Schritt werde die Befreiung Palästinas von israelischer Besetzung nicht stoppen, betonte Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei. „Jerusalem zur Hauptstadt des besetzten Palästinas zu erklären, zeigt lediglich die Verzweiflung und Handlungsunfähigkeit der USA und Israels.“
Auch Iraks Ministerpräsident Haidar al-Abadi lehnt Trumps Entschluss ab und warnt vor den Auswirkungen.