Tirol will höhere Maut für Brennerroute
Mit künstlich herbeigeführten Lkw-Staus soll Druck auf Bayern ausgeübt werden
- Das Land Tirol kämpft gegen den Lkw-Transitverkehr durch sein Gebiet. Blockabfertigungen von Lastwagen sollen vor allem auf die bayerische Landesregierung Eindruck machen. Dabei geht es um eine Mauterhöhung für Lkw. Tirol verlangt sie vom Freistaat. Betroffen von dem Konflikt ist die wichtigste transalpine Verkehrsachse über den Brenner. Am 8. Januar will nun die EU-Kommission auf einer Verkehrsministerkonferenz in München vermitteln.
Schon fünfmal seit Oktober haben die Tiroler Behörden den Schwerlastverkehr an der bayerisch-tirolerischen Grenze bei Kufstein gestoppt. Pro Stunde durften nur 250 Lkw passieren. Manchmal auch 300 Fahrzeuge. Die Folge: Kilometerlange Staus ins bayerische Hinterland hinein. Betroffen ist dabei die Autobahn von München über Rosenheim nach Tirol. Dort führt sie durchs Inntal weiter nach Innsbruck. Ziel des Schwerlastverkehrs ist in der Regel Italien. Dazu nutzt er die anschließende Brennerüberquerung.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) findet das Vorgehen „inakzeptabel“. Er attestiert: „Den Verkehr zu behindern, löst kein Verkehrsproblem.“Doch die Tiroler stöhnen schon seit Jahrzehnten über Blechlawinen und endlose LkwSchlangen. Über zwei Millionen Lastwagen rollen jährlich die Brennerroute entlang. Die Belastungsgrenze für Mensch, Natur und Infrastruktur sei erreicht, heißt es aus Tirol. Immer wieder organisiert sich Widerstand.
Derzeit dreht sich dort eine heftige Diskussion um verschiedene MautStrategien. „Die Brennerroute ist wegen der geringen Kosten für die Speditionen wesentlich attraktiver“, schimpft etwa der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) im österreichischen Fernsehen. „Wenn die Lkw durch die Schweiz fahren, ist es doppelt so teuer wie bei uns. Wenn die Lkw über Frankreich fahren, ist es dreimal so teuer wie bei uns.“
Die Tiroler wollen eine KorridorMaut. Sie soll am besten einheitlich von München über den Brenner bis Verona erhoben werden. Gegenwärtig stellt sich die Lage laut Platter folgendermaßen dar: So liege die Maut in Bayern derzeit nur bei einem Fünftel des Tiroler Preises. Immerhin seien aber Südtirol und die Provinz Trient gerade dabei, mehr Geld zu verlangen.
Minister sieht Gesetze verletzt
Bisher übergeht die bayerische Staatsregierung die Forderung nach einer höheren Maut. Die Speditionen sind naturgemäß strikt dagegen. Sie halten sich schon für ausreichend geschröpft. Doch die Tiroler wollen keine Ruhe geben. Ihr Landeshauptmann hat erneut den Gedanken ins Spiel gebracht, den Lkw-Transit auf eine Million Fahrzeuge zu begrenzen, ihn also zu halbieren. Ob sich dies mit EU-Recht vereinbaren ließe, ist unklar. Bayerns Innenminister Herrmann sieht bereits durch die Blockabfertigungen „den EU-Grundsatz des freien Warenverkehrs“verletzt.
Diese Argumentation dürfte den tirolerischen Ärger weiter anheizen. In den Bereich der Transitproblematik gehört nämlich auch der Bau des Brennerbasis-Tunnels für den Zugverkehr. Er soll 2026 in Betrieb gehen und dazu beitragen, Gütertransport verstärkt auf die Schiene zu verlagern. Nur braucht es dazu Zulaufstrecken für den 64 Kilometer langen Tunnel. In Tirol sind sie fertig. Südlich des Brenners wird daran gearbeitet. Bloß in Bayern geschehe nichts, klagen die Tiroler.
Dabei gibt es einen deutsch-österreichischen Staatsvertrag von 2012, der den Ausbau der Zulaufstrecken im Bayerischen vorsieht. Tirols Landeshauptmann Platter fordert auch in diesem Fall „Bewegung“vom Freistaat. Das Verkehrsministerium in München verkündet jedoch immer wieder: Die Bestandsstrecke sei noch gar nicht ausgelastet. Dies werde auch nach Eröffnung des Tunnels noch der Fall sein. Dies bedeutet, dass auf der Eisenbahnstrecke von München über Rosenheim an die Grenze bei Kufstein bis auf weiteres nichts geschieht.