Personaler
Über die Verteilung von Arbeit hat sich schon viele Gedanken gemacht. „Wem gehört die Zeit?“fragt sich der Manager und hat ein Buch über moderne Personalführung geschrieben. Er spricht darin von einem Dreieck: „Die Aufgabe besteht darin, eine Balance zwischen den Ecken herzustellen: Den Interessen der Kunden, denen der Mitarbeiter und des Unternehmens.“
Als Personalchef der Telekom hat der 53-Jährige mit Gewerkschaften und Betriebsräten neue Arbeitszeitmodelle ausgetüftelt. Ab Jahresbeginn wird er nun Personalvorstand bei der Deutschen Bahn. Ein mächtiger Sprung nach oben: Bisher war er für 70 000 Beschäftigte verantwortlich, bei der Bahn arbeiten allein in Deutschland fast 190 000 Menschen. „Große Veränderungen durch die Digitalisierung erfolgen immer schneller“, sagt Seiler, „da gibt es Ängste, die man ernst nehmen und abbauen muss.“Der Umbruch will organisiert werden.
Was dies für die Bahn-Angestellten bedeutet, ist noch offen. Seiler will sich zunächst ein Bild von den Betrieben verschaffen, für die er künftig zuständig sein wird. Per Order von oben herab wird er wohl nicht regieren. Seiler akzeptiert die Wünsche der Arbeitnehmer nach Mitbestimmung, zum Beispiel bei der Gestaltung der Arbeitszeiten. „Es entwickelt sich eine neue Form des Aushandelns“, sagt er.
Ausgerechnet die sonst eher als träger Riese wahrgenommene Bahn ist in dieser Hinsicht zum Vorreiter geworden. In diesem Jahr handelte der scheidende Personalvorstand Ulrich Weber mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) erstmals einen Tarifvertrag mit einem Wahlrecht zwischen mehr Geld und mehr Freizeit aus.
Der bei Freiburg aufgewachsene Seiler hat mit Ex-Staatskonzernen viel Erfahrung. Seine Laufbahn begann bei der Post und führte über die Telekom nun zur Bahn. Zwischenzeitlich arbeitete er für die Postgewerkschaft und Verdi, ist also mit beiden Seiten vertraut. Das mag auch ein Grund für seine Berufung sein. Denn den Posten des Personalvorstands dürfen bei der Bahn die Gewerkschaften besetzen. Wolfgang Mulke