Alno informiert heute über Zukunftspläne
(sz) - Wie es beim insolventen Küchenbauer Alno in Pfullendorf (Landkreis Sigmaringen) weitergeht, wird am ersten Werktag des neuen Jahres bei einer außerordentlichen Mitarbeiterversammlung bekannt gegeben. Wichtigster Punkt heute wird sein, ob genügend ehemalige Mitarbeiter der Alno AG die neuen Verträge mit der Alno GmbH unterschrieben haben. Denn das ist eine der Bedingungen des Käufers Riverrock, gleichzeitig ein Gläubiger von Alno, um die Produktion wieder anlaufen zu lassen.
Riverrock, ein britischer Investor hinter dem unter anderem der Unternehmensberater Roland Berg steht, hatte für den insolventen Küchenbauer vor zwei Wochen 20 Millionen Euro geboten, daran aber mehrere Bedingungen geknüpft: Um Alno als Großschreinerei weiterzuführen, sollen 410 Mitarbeiter neue Verträge unterschreiben, der Gläubigerausschuss soll dem Kauf zustimmen, die Agentur für Arbeit soll Kurzarbeitergeld genehmigen und eine Transfergesellschaft für die restlichen ehemaligen Mitarbeiter soll gegründet werden.
Auf der Betriebsversammlung heute Nachmittag wird ebenso über den Stand der weiteren Bedingungen informiert. Vorab war dazu zwar nichts zu erfahren, jedoch zeigt sich die Insolvenzverwaltung weiter zuversichtlich, dass es eine Zukunft für Alno gebe, auch für den Fall, dass die avisierte Anzahl an Vertragsabschlüssen nicht ganz erreicht werde. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“hatten sich nach Weihnachten bereits 275 ehemalige Mitarbeiter – knapp zwei Drittel der Belegschaft – für einen neuen Vertrag mit der Alno GmbH entschieden und damit die im Vergleich zu früheren Verträgen deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen – weniger Gehalt und keine Tarifbindung – akzeptiert. Die Vorbereitungen für eine Transfergesellschaft waren zu dem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Auch die Gewährung von Kurzarbeitergeld sei wahrscheinlich, wie die Agentur für Arbeit in Aussicht stellt.
Sollte alles klappten, könnte die Produktion in Pfullendorf bereits im ersten Quartal wieder anlaufen. Es war für mich ein spannender Wechsel. Ich bin zwar schon länger im Vorstand von Aesculap, doch die konkrete Aufgabe als Vorstandschef ist noch einmal eine neue Herausforderung. Ich fühle mich in der Rolle sehr wohl und wir haben in den vergangenen Monaten auch schon etliches Neues angestoßen.
Konkreter bitte!
Das betrifft vor allem den Bereich Innovation. Wir wollen innovativer werden und gehen deshalb verstärkt Partnerschaften sowohl mit externen Firmen als auch mit anderen Töchtern innerhalb des B. Braun-Konzerns ein. Darüber hinaus ordnen wir gerade unsere gesamte Landschaft der Entwicklungsprojekte neu.
Welchen Auftrag haben Sie von der Mutter B. Braun mit auf den Weg gegeben bekommen?
Unser Auftrag war schon immer, zum profitablen Wachstum der gesamten B. Braun-Gruppe beizutragen. Daran hat sich nichts geändert. Als zweitgrößte Sparte im Konzern, sind wir ein integraler Baustein von B. Braun. Daher ist es wichtig, dass wir weiter profitabel wachsen.
Ist die Konzernleitung in Melsungen zufrieden mit den Ergebnissen ihrer Tochter in Tuttlingen?
Die Umsatz- und Ergebniserwartungen an Aesculap sind hoch, und es sind diesbezüglich auch noch Wünsche offen. Das heißt aber nicht, dass Melsungen mit seiner Tochter in Tuttlingen unzufrieden ist. Zumindest nehme ich das so wahr.
Wie autark sind Sie in Ihren Entscheidungen als Chef einer 100prozentigen Tochter innerhalb eines Familienkonzerns?
Die großen und wichtigen Entscheidungen werden am Konzernsitz der Gruppe, in Melsungen, getroffen. Das ist ganz klar. Das bedeutet aber nicht, dass wir keine unternehmerischen Freiheiten haben. Von uns, wie auch von anderen Sparten, wird natürlich auch Eigeninitiative gefordert. Um die Belange von Aesculap innerhalb der Gruppe angemessen zu berücksichtigen, sitzt der Vorstandschef von Aesculap zugleich auch im B. Braun-Vorstand. Ich verdes trete damit nicht nur das Wohl und Wehe von Aesculap, sondern bin auch für die Gruppe im Ganzen verantwortlich.
Wie ist das Jahr 2017 aus Ihrer Sicht gelaufen?
Es war kein Superjahr, aber es war zufriedenstellend. Eine belastbare Bilanz können wir erst ziehen, wenn die letzten Wochen gelaufen sind. Die sind ganz entscheidend für uns, da unsere Kunden immer größere Umsatzvolumina auf das Jahresende verschieben. Das dann auch logistisch hinzubekommen ist nicht immer ganz einfach.
Was sind die Gründe für die gebremste Euphorie?
In etlichen Märkten lief das Geschäft 2017 verhaltener. Etwa in den Ölländern im Mittleren Osten oder in den USA, dem wichtigsten Medizintechnikmarkt weltweit mit einer traditionell hohen Dynamik. In Europa stach Großbritannien durch die Kursverluste des britischen Pfunds infolge Brexits negativ heraus. Einzeln betrachtet sind das keine dramatischen Entwicklungen, doch in Summe hat es uns Wachstum gekostet.
Wo steht Aesculap im Wettbewerb?
Wir sind nach wie vor die unangefochtene Nummer 1 weltweit bei chirurgischen Instrumenten – und zwar nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ. Gut läuft auch das Geschäft mit Sterilcontainern, vor allem in den USA. Im Bereich der Gelenkund Wirbelsäulenimplantate sind wir in Deutschland ein wichtiger Anbieter, in den Vereinigten Staaten gibt es jedoch deutlich größere Wettbewerber.
Aesculap ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Bietet Tuttlingen noch genügend Raum für eine weitere Expansion?
Aktuell sind unsere Produktionskapazitäten ausreichend. Allerdings wollen wir noch mehr die Produktion aus den historischen Gebäuden in neue, moderne Werke verlegen. Diese sollen auf dem Gelände hinter unserem letzten Fabrikneubau entstehen – dort wo jetzt die Einzelhändler Rewe und Aldi sitzen. Diese sollen im neuen Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum untergebracht werden. Wir sind zuversichtlich, die Verträge dafür bis zum Jahresende abzuschließen und Mitte Januar mit der Suche nach einem Investor beginnen zu können, dem wir unsere Liegenschaften am Aesculap-Kreisel verkaufen können und der sich um deren Entwicklung kümmert. Die Talstrukturen in Tuttlingen bringen solche nicht ganz billigen Verschiebungen leider mit sich.
Was sagt der Aesculap-Chef zu den laufenden Tarifforderungen der IG Metall?
Der Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, ist nicht akzeptabel. Es gibt im Arbeitgeberverband Südwestmetall keinen, der den Arbeitnehmern ihren Anteil am Wachstum und am Erfolg versagen will. Sechs Prozent mehr Ein Projektaufruf dreht sich beispielsweise darum, wie sich der gesamte Sterilisationskreislauf einer typischen OP-Ausstattung in Krankenhäusern optimieren lässt. Da sieht man heute noch viele händische Varianten. Das wollen wir besser organisieren. Themen der Digitalisierung spielen in diesem Kontext natürlich eine große Rolle.
Herr Schulz, wo sehen Sie Aesculap in fünf Jahren?
Ich möchte, dass wir unseren Weg so weitergehen können. Ich möchte neue Produktfelder erobern und gleichzeitig die Kerngeschäftsfelder verteidigen. Und ich möchte das mit einem begrenzten Kostenanstieg umsetzen, Aesculap also produktiver machen. Aesculap soll im Wettbewerb nicht als schwerfälliger Tanker, sondern als schnittiger Kreuzer wahrgenommen werden.