Januar 1918: gekürzte Essensrationen
Serie: Spaichingen vor 100 Jahren – Das letzte Jahr des Ersten Weltkriegs
- Zum 100. Mal jährt sich heuer das Ende des Ersten Weltkriegs. Im Andenken an die entbehrungsreiche Zeit der Kriegsjahre machen wir uns in einer kleinen Serie im Archiv des Heuberger Boten auf die Suche nach Ereignissen und Spuren aus dem letzten Kriegsjahr in Spaichingen. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Rationalisierung von Lebensmitteln durch die Reichsgetreidestelle.
800 000 Menschen sterben zwischen den Jahren 1914 und 1918 in Deutschland am Hunger. Das ist etwa die Hälfte der Zahl der im Krieg gefallenen deutschen Soldaten. Anfang 1918 ist der sogenannte Steckrübenwinter, die wohl größte Hungersnot der neueren Geschichte auf deutschem Boden, gerade einmal ein Jahr her. Auf 1000 Kilokalorien ist die Tagesration erwachsener Menschen 1917 geschrumpft. Aber auch noch 1918 gibt es strenge Vorgaben und Beschränkungen für Landwirte.
Am 2. Januar, heute vor genau 100 Jahren, berichtet der Heuberger Bote unter der Überschrift „Bestellung der Vorräte an Getreide und Hülsenfrüchte“in einer Amtsmitteilung von den Einschränkungen. Die Bauern werden angewiesen, Teile ihrer Erträge an einer Sammelstelle der Reichsgetreidestelle abzuliefern. In der Mitteilung wird auf vorige Anordnungen verwiesen, in der jedem Bauern mitgeteilt wurde, wie viel an selbst geerntetem Brotgetreide (Weizen, Roggen, Dinkel) er bis zum 15. September, und wie viel Hafer, Gerste und Hülsenfrüchte er bis zum 15. August selbst behalten darf.
Weiter wird von einer neuen Anordnung berichtet, in der die Menge an Brotgetreide noch einmal um achteinhalb Kilogramm pro Kopf gekürzt wird. Alle Erträge, die über dem berechneten Eigenbedarf lägen, müssten bei den Kommissären der Reichsgetreidestelle abgeliefert werden. Der gesamte Jahresbeginn ist geprägt von Nachrichten über Lebensmittelrationierungen: Die Kuhhalter liefern zu wenig Milch und Butter ab und Haferlieferungen nach Straßburg müssen arrangiert werden. Hintergrund dieser Beschränkungen, die es in ähnlicher Form in ganz Deutschland gab, war der über die Kriegsjahre chronische Mangel an Lebensmitteln. Durch die englische Seeblockade in der Nordsee war das Deutsche Reich von der Außenwelt abgeschnitten. Im Land selbst hatte die Kriegsproduktion Vorrang vor der Versorgung der Zivilbevölkerung.