Kleines Zypern, große Probleme
Die Republik Zypern wählt an diesem Sonntag einen neuen Präsidenten, wobei alles für eine zweite Runde spricht. Eigentlich ein völlig normales Prozedere – auf Zypern ist es jedoch eine komplexe Angelegenheit: Die ganze Insel ist seit 2004 EU-Mitglied. Das EURecht gilt aber nicht im seit 1974 von türkischen Truppen besetzen Nordteil der Insel. Die Türkische Republik Nordzypern wird nur von der Türkei anerkannt. Gewählt wird deswegen nur im griechisch-zyprischen Süden, dessen Regierung aber international als die legale Vertretung der Republik Zypern anerkannt ist.
Zahlreiche UN-Vermittlungsbemühungen zur Überwindung der Teilung scheiterten kläglich, zuletzt im Juli 2017. Die Türkei signalisierte Bereitschaft, einen großen Teil ihrer 35 000 Soldaten aus dem Norden der Insel abzuziehen. Ein türkisches Kontingent solle jedoch für mehrere Jahre zur Sicherheit der türkischen Zyprer bleiben. Zudem will die Türkei Garantiemacht für Zypern bleiben. Die griechischen Zyprer betonen hingegen, Garantiemächte und Besatzungstruppen hätten in einem EU-Land wie der Republik Zypern nichts zu suchen. Die Gespräche gerieten in die Sackgasse. Seitdem gibt es keine Verhandlungen mehr.
Umfragen zeigen, es wird eine Stichwahl nötig sein, bei der sich nur drei der insgesamt neun Kandidaten Chancen ausrechnen können, dabei zu sein. Es sind der amtierende konservative Präsident Nikos Anastasiades (71), der von den Kommunisten unterstützte Kandidat Stavros Malas (51) und der Vertreter der politischen Mitte, Nikolas Papadopoulos (44). Anastasiades gilt als Favorit. Umfragen zufolge erhält er mindestens 35 Prozent der Stimmen bei der ersten Runde. Die anderen beiden Kandidaten liefern sich ein Kopf-an-KopfRennen, um die Stichwahl zu erreichen. Sie liegen laut Umfragen bei jeweils rund 22 Prozent der Stimmen.
Die Wirtschaft wächst
Anastasiades wirbt damit, er habe es geschafft, dass die Türkei bei den jüngsten Verhandlungen erklärt habe, was sie will – nämlich für immer auf Zypern militärisch präsent zu sein. Nun wisse jeder, wer an der Nicht-Lösung schuldig sei. Im Falle einer Wiederwahl will er aber so bald wie möglich neue Gespräche aufnehmen.
Zudem verbucht Anastasiades einen finanziellen Erfolg: Zypern kam in Rekordzeit aus einer Finanz- und Bankenkrise im Jahr 2013 heraus. Die Arbeitslosigkeit sank von 16 Prozent 2014 auf zehn Prozent 2017. Die Wirtschaft wächst.
Der von der kommunistischen Partei (AKEL) unterstützte Kandidat Malas wirft Anastasiades vor, bei den Zypernverhandlungen nicht den Mut aufgebracht zu haben, einer Lösung zuzustimmen, die den Realitäten auf Zypern entspreche. Ergebnis: Der Norden Zyperns werde zusehends „eine türkische Provinz“und die eigentlich laizistischen und liberalen türkischen Zyprer würden „islamisiert“. Papadopoulos dagegen will eine neue Politik zur Lösung der Zypernfrage. Analysten interpretieren ihn so: Wenn es keine Lösung nach den Vorstellungen der griechischen Zyprer gibt, dann soll Zypern so bleiben, wie es ist. Die griechischen Zyprer sollen dann weiter ganz Zypern vertreten. Anastasiades und Malas warnen: Diese Politik führe zur endgültigen Teilung Zyperns. (dpa)