Mehr günstige Wohnungen für Tuttlingen
Stadtverwaltung setzt sich für bezahlbaren Wohnraum ein – Vorgaben werden verschärft
TUTTLINGEN - Tuttlingen soll mehr bezahlbaren Wohnraum erhalten: Das ist die politische Ansage, die Stadtverwaltung und die gewählten Volksvertreter am Donnerstag im Technischen Ausschuss getroffen haben. Während Investoren die Preise bislang selbst gestalten konnten, sollen sie künftig per Bebauungsplan dazu verpflichtet werden, etwa 30 Prozent ihrer Mietwohnungen zu günstigen Preisen anzubieten. Doch einiges daran ist noch unklar.
Thiergarten-Erweiterung, Stuttgarter Straße, Union- und Feuerwachen-Areal: Kontinuierlich wird in Tuttlingen neuer Wohnraum geplant und gebaut. Mindestens 300 Wohnungen fehlen, beurteilt Oberbürgermeister Michael Beck im Gespräch mit unserer Zeitung die aktuelle Lage, die viele Wohnungssuchende dazu zwingt, sich im Umland nach vier Wänden umzusehen.
Doch: Längst nicht alles davon wird zu erschwinglichen Preisen gebaut. So wird für eine 60 Quadratmeter große Wohnung gerne 590 Euro Kaltmiete verlangt, für 80 Quadratmeter 825 Euro. Die oft hohen Preise und der Mangel an günstigen Wohnungen sind es auch, die etliche Tuttlinger in der jüngst durchgeführten Umfrage zur Bebauung des Feuerwachen-Areals (wir haben berichtet) bemängeln, wie die Stadtverwaltung mitteilt. Auch Beck findet: „Die Miete in Tuttlingen ist grenzwertig.“
30 Prozent mit Mietpreisbindung
Im März 2016 hatte der Gemeinderat beschlossen, dass bei innerstädtischen Bauprojekten 30 Prozent mit einer Mietpreisbindung von maximal sieben Euro pro Quadratmeter realisiert werden sollen. Eingefordert wurde dies bislang kaum – als einziges Projekt mit Mietpreisbindung entsteht derzeit ein Neubau der Wohnbau an der Stuttgarter Straße. Acht derartige Wohnungen sollen zudem auf dem Feuerwachen-Areal gebaut werden.
In der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses wurde die Einhaltung dieses Beschlusses nun vehement eingefordert. „Wo ist hier der soziale Wohnungsbau?“, fragte LBU-Fraktionsvorsitzende Ulrike Martin, als über mehrere Bebauungspläne beraten werden sollte. „Mir ist wichtig, dass wir diese 30 Prozent nicht nur auf dem Papier stehen haben“, sagte auch SPD-Rätin Susanne Hein. Man werde sich den sozialen Wohnungsbau als politische Programmerklärung auf die Fahne schreiben, kündigte Erster Bürgermeister Emil Buschle an. „Wir sind in Zukunft nur noch bereit, mit Bauträgern in die Diskussion einzusteigen, wenn die Quote von 20 bis 30 Prozent stimmt“, sagte er. Beim Begriff „sozialer Wohnungsbau“gehe es nicht nur um Wohnungen für Obdachlose, „es geht um bezahlbare Wohnungen für die Breite der Bevölkerung“.
Angewandt wurde der neue Kurs prompt auf zwei Bauvorhaben: Im Bebauungsplan des FeuerwachenAreals soll das geplante mietpreisgebundene Wohngebäude konkret als solches ausgewiesen werden. Ebenso entschied der Technische Ausschuss, dass die 30-Prozent-Forderung in den Bebauungsplan eines an der Neuhauser Straße/Finkenstraße geplanten Bauprojekts miteingearbeitet werden solle.
Dass diese Vorgaben für private Bauträger schwierig werden können, findet hingegen Markus Breinlinger von HIS Unternehmensberatung. Als Bauträger des Projekts an der Neuhauser Straße/Finkenstraße wartet er seit knapp zwei Jahren auf die Aufstellung eines Bebauungsplans, um mit dem Bau zweier Mehrfamilienhäuser beginnen zu können. „Ich wüsste nicht, wie ich das geplante Projekt 30 Prozent billiger anbieten sollte“, sagt er, „Mieten von sieben Euro im Neubau sind einfach nicht mehr möglich“. Er plane zwei KfW-40-Häuser und allein schon die Kosten für Handwerker seien in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. „Wir brauchen keine Regelungen – der Markt regelt sich von selbst, wenn in den nächsten Jahren viele weitere Wohnungen auf den Markt kommen“, ist er überzeugt.
Wie genau der Umgang mit privaten Bauträgern sein soll, kann die Stadtverwaltung derzeit noch nicht beantworten. Wie Pressesprecher Arno Specht mitteilte, soll bis zur Sitzung des Gemeinderats am Montag, 5. Februar, ausgetüftelt werden, wie man sich die Umsetzung der 30-Prozent-Vorgabe konkret vorstellt.