Die Soldaten wehren sich
TTF Ochsenhausen trösten sich mit einem 3:1 gegen Fulda für das Aus in der Königsklasse
- Im Sport wie im Leben braucht man zuweilen auch Glück. Meistens hat es nicht unbedingt der Tüchtige, sondern der, der an sich glaubt, der gestählt ist von Wanderungen durch finstere Täler. Simon Gauzy, Ochsenhausens Spitzenspieler und Neunter der TischtennisWeltrangliste, hatte es am Sonntagnachmittag im ersten BundesligaHalbfinale gegen Fulda. Der 23-jährige Franzose, der im Winter drei Monate lang verletzt war und um seine Karriere bangte, lag zwar in den ersten drei Sätzen gegen Wang Xi, den 34 Jahre alten Abwehrvirtuosen der Gäste, dreimal zurück, weigerte sich aber, aufzugeben. Mit 10:12, 12:10, 12:10, 5:11, 11:9 rang Gauzy den Rivalen nieder – im dritten Durchgang hatte er ein 7:10 wettgemacht – und legte damit den Grundstein zum 3:1-Sieg des Vorrundendritten über den Zweiten. Es war ein Erfolg, der überraschend kam, schließlich mussten die TTF auf ihre Nr. 2 Hugo Calderano (Knöchelprobleme) verzichten – und schließlich hatten sie eine unglückselige 2:3-Niederlage bei Borussia Düsseldorf in den Beinen. Lediglich ein Satz hatte ihnen Freitagnacht zum Finaleinzug in der Champions League gefehlt.
Manchmal muss man das Glück eben erzwingen, ertrotzen, mit Selbstdisziplin und Kontrolle, und das tat Gauzy, der gegen Düsseldorf noch beide Partien verloren hatte – auch gegen den deutschen Nationalspieler Ruwen Filus. Mit einem 11:6, 12:10, 9:11, 11:9 setzte Gauzy auch den Schlusspunkt. Ein weiterer Erfolg am 14. April in Fulda oder in einem möglichen dritten Spiel am 21. April (ebenfalls in Fulda), und die TTF stünden erstmals seit fünf Jahren wieder im Finale.
Den dritten Zähler hatte Joao Geraldo beigesteuert. Der Portugiese, der in seinen zwei Jahren TTF zumeist Reservist und die klare Nr. 5 war, zeigte, wie großartig er spielen kann – wenn er denn trifft mit seinem Hochrisikospiel. Dass Geraldo Filus schlägt (11:7, 5:11, 11:9, 10:12, 12:10), kam schon allein deshalb überraschend, weil kaum einer mit seinem Einsatz gerechnet hatte. Er spielte vor allem deshalb, weil Calderano fehlte.
Der Brasilianer wiederum hätte Freitagnacht der große Held der Ochsenhausener werden können. Calderano schlug sowohl Timo Boll, die Nr. 2 der Welt, als auch Stefan Fegerl, seinen künftigen Teamkollegen aus Österreich, dennoch reichte es nicht für die TTF zum zweiten ChampionsLeague-Finaleinzug in der Clubgeschichte. In einem hochklassigen und vor allem hochdramatischen Schlagabtausch waren die TTF und der Rekordmeister am Ende nach der Addition beider 3:2-Siege satzgleich (13:10/ 9:12), beim Ballverhältnis hatte Düsseldorf allerdings die Nase vorn (413:390). „Der Sieg war verdient“, sagte TTF-Präsident Kristijan Pejinovic, „aber natürlich sind wir enttäuscht. Die Jungs waren großartig, sie sind an den Tisch gegangen, um zu sterben. Am Ende hat einfach das Quäntchen Glück gefehlt.“
Das hatten wieder mal die Düsseldorfer, allerdings auch drei Spieler, die in überragender Form waren. Fegerl wuchs beim finalen 7:11, 11:9, 11:4, 11:8 gegen Gauzy über sich hinaus. „Er hat wirklich überragend gespielt, hat alles, was Simon versucht hat, geblockt und zurückgebracht. Ich hab ihm nach dem Spiel gratuliert und gesagt, dass er das nächstes Jahr bitteschön so für uns machen soll“, sagte Pejinovic, der selbstredend auch Calderano für seine „außergewöhnliche Leistung“lobte: „Er ist ein überragendes Talent und hat Boll erneut geschlagen. Dass es trotzdem nicht gereicht hat, ist doppelt bitter.“
Nur mit Jakub Dyjas war der TTFChef nicht einverstanden. Der 23-Jährige war im dritten Spiel gegen Kristian Karlsson (2:11, 7:11, 5:11) ebenso chancenlos wie am Sonntag beim 2:11, 3:11, 14:12, 10:12 gegen den Dänen Jonathan Groth. „Der Unterschied war: Düsseldorf hatte eine Nr. 3, bei uns war Jakub neben der Spur“, sagte Pejinovic. Trainer Dubravko Skoric nahm den Polen in Schutz: „Natürlich bin ich nicht zufrieden mit ihm, aber er hatte zuletzt zwei Phasen, in denen er wegen Grippe Antibiotika nehmen musste. Wir werden mit Hugo in Fulda ein Klasseteam stellen. Er und Simon sind zwei echte Soldaten, zwei Mentalitätsspieler, und Simon hat heute gezeigt, dass er der wahre Anführer dieser Mannschaft ist.“
Zumindest einem Finale sind die TTF am Wochenende also ein Stück nähergekommen, und in dem könnten sie erneut auf Düsseldorf treffen. Der Rekordmeister gewann sein erstes Duell in Saarbrücken mit 3:1.