Beim Fußballschauen abgehört
Spaniens Liga belauscht Fans über App, um Lizenzbetrug in Kneipen auf die Schliche zu kommen
- Die spanische Fußballliga hat über ihre App Millionen Fußballfans abgehört, um Pay-TV-Betrug in Kneipen aufzudecken, das berichtete die ARD am Montag. Die Liga habe zugegeben, Daten vom Mikrofon der Smartphones abzugreifen.
Spionagetechniken, wie man sie eigentlich nur aus Agentenfilmen kennt: Die App „La Liga“aktiviert das Mikrofon des Smartphones während Ligaspielen und erkennt anhand von Audiosignalen, ob der Nutzer gerade Fußball schaut. Außerdem greift die App auf die GPS-Ortungsfunktion des jeweiligen Smartphones zu, wie die spanische Zeitung „El Diario“herausgefunden hat. So zeigt die App, ob der Nutzer das Spiel in einer Kneipe verfolgt. Die Liga kann nun überwachen, ob die betreffende Kneipe Gebühren dafür zahlt, das Fußballspiel öffentlich auszustrahlen. 150 Millionen Euro pro Jahr Schaden entstehen nach Liga-Angaben, weil viele Bars diese Gebühr nicht zahlen.
Liga verteidigt sich
Die Liga kontrolliert so die Kneipenbesitzer über die Smartphones der etwa zehn Millionen App-Nutzer. Seit wann das passiert, ist nicht bekannt. Sie habe die Funktion eingeführt, um der Verantwortung den Vereinen gegenüber gerecht zu werden, verteidigt sich die Liga. Außerdem übermittle die App nur den sogenannten Binärcode der Fußballübertragung und nicht das reine Audiosignal. Deshalb sei die Privatsphäre der Nutzer nicht in Gefahr.
Verboten ist das Vorgehen der Liga nicht, denn wenn die Fußballfans den Nutzungsbedingungen zustimmen, akzeptieren sie, dass die App auf das Mikrofon ihres Smartphones zugreift. Allerdings legt die neue europaweite Datenschutzgrundverordnung fest, dass eine App nur auf sensible Daten zugreifen darf, wenn der Nutzer auch informiert wurde, was damit geschieht.
„Aus meiner Sicht war die eingeholte Einwilligung deshalb unwirksam. Der App-Anbieter hat nicht klargemacht, wofür er den Mikrofonzugriff einsetzen wollte“, sagt Stefan Brink, Datenschutzbeauftragter des Landes Baden-Württemberg. Was das jetzt für die App der spanischen Liga bedeutet, müsse die Aufsichtsbehörde vor Ort klären, so der Datenschutzexperte. Brink bezweifelt, dass so etwas auch in Deutschland möglich wäre: „Es ist überaus fraglich, ob es sich ein deutsches Unternehmen herausnehmen würde, für solche Zwecke Einwilligungen für den Zugriff auf das Mikrofon einzuholen.“Apps, die ähnlich sensible Daten abgreifen, gibt es aber auch in Deutschland: WhatsApp lässt sich zum Beispiel den Zugriff auf die Kontaktdaten geben.
Um einen Abhörskandal, wie dem in Spanien, aus dem Weg zu gehen, empfiehlt Brink Smartphone-Nutzern vor der Installation einer App die Datenschutzerklärung genau zu lesen und nicht zu leichtfertig Berechtigungen zu verteilen. „Darüber hinaus sollte jeder etwa einmal im Monat prüfen, welche Apps auf welche Daten seines Smartphones zugreifen“, erklärt der Datenschutzexperte. Sowohl bei Android als auch bei iOS können sich Nutzer anzeigen lassen, welche Berechtigungen sie verteilt haben, und sie gegebenenfalls widerrufen.