Betrugsfall beschäftigt Gerichte
Firma vom Heuberg – Mitarbeiter müssen sich verantworten
- Weil etliche Mitarbeiter einer Firma auf dem Heuberg ihre Arbeitsstunden auf zwei Lohnsteuerkarten abrechnen lassen haben, folgte in den vergangenen Wochen ein Gerichtsurteil auf das andere an verschiedenen Standorten. Zwei davon wurden am Montag im Amtsgericht Spaichingen gefällt. Dort saßen eine Frau und ihr Ehemann auf der Anklagebank.
Über einen Zeitraum von drei Jahren soll die Angeklagte bei der Firma auf ihre und gleichzeitig auf die Lohnsteuerkarte ihres Mannes gearbeitet haben. „Wir haben Angst gehabt, dass wir umsonst arbeiten und alle Überstunden verfallen“, so die Angeklagte, die bis Mai 2013 bei der Firma angestellt war. Als Minijobberin hatte sie dort viel mehr gearbeitet, als sie dürfte, und holte sich deshalb die zweite Karte von ihrem Mann. „Im Mai 2010 kam meine Frau heim und sagte, sie habe das Angebot bekommen, ihre Überstunden ausbezahlen zu lassen, wenn sie eine zweite Lohnsteuerkarte mitbringe“, sagte der Ehemann, der neben seiner Frau auf der Anklagebank saß. Auch er habe dabei nichts Illegales vermutet.
Doch von dieser Aussage schien Richterin Philipp nicht überzeugt: „Dass das ein Schmu war, war von weitem zu sehen. Es ist ja eigentlich jedem klar, dass, wenn einer nicht arbeitet, er auch kein Geld dafür erhalten kann. Das ist ja nirgendwo auf der Welt anders.“Die Benutzung der zweiten Karte des dort nicht angestellten Mannes schien gängige Praxis gewesen zu sein: „Manche haben früher damit angefangen, manche später“, so die Angeklagte. Außerdem habe sie damals auch nicht so gut deutsch sprechen können. Der Meister habe ihnen dieses Vorgehen angeboten, weshalb sie nicht gedacht hätten, dass das irgendwie illegal sein könnte, fügt ihr Mann hinzu.
„Bei dieser Firma kann man auf eine zweite Karte schaffen.“Das soll laut einer Lohnbuchhalterin, die ebenfalls als Zeugin geladen war, allgemein bekannt gewesen sein. Es sei in jedem Fall eigentlich immer gleich abgelaufen. „Die Abrechnungen sind von mir so durchgeführt worden, wie es vom Chef verlangt wurde. Es war also nicht meine Entscheidung, sondern ich habe es immer weitergegeben.“Dass dies nicht richtig war, habe eigentlich jeder gewusst.
Auch der für die Buchhaltung verantwortliche Geschäftsführer bestritt die Lohnsplittingmaschinerie nicht. „Es war viel Arbeit zu machen, dann hat man halt auf die Mitarbeiter im Unternehmen zurückgegriffen.“Man hätte die Minijobber auch einfach als Teilzeit- oder Vollzeitkräfte anstellen können, warf Richterin Philipp ein. Laut dem Geschäftsführer sei es teilweise der Wunsch der Mitarbeiter gewesen, in einer geringfügigen Anstellung zu bleiben. „Das Angebot einer anderen Anstellung hat es schon auch gegeben.“Das wiederum bestritten die Angeklagte und ihr Mann. Die Frau habe nach einer Teilzeitstelle gefragt, aber keine angeboten bekommen. Auch die Lohnbuchhalterin sagte aus, dass die Minijobber ohne Aussicht auf eine Festanstellung eingestellt worden seien.
Als „eine gravierend vermeidbare Sache“bezeichnete der Erste Staatsanwalt Frank Grundke den Fall. Beim Strafmaß orientierte er sich an den anderen, bereits vor dem Schöffengericht in Tuttlingen verhandelten Fällen und beantragte 110 Tagessätze à 15 Euro für die Angeklagte, der momentan nur ein geringes Praktikumsgehalt zur Verfügung steht. Ihr Mann soll eine Geldstrafe von 95 Tagessätze zu je 45 Euro bezahlen. Der Verteidiger schob der Firma den Großteil der kriminellen Energie zu und verwies auf den Schuldenberg und die beiden unterhaltsbedürftigen Kinder. Zudem hätten die Angeklagten ein Geständnis abgelegt.
Am Ende der Verhandlung wird die Angeklagte wegen der Beihilfe des Vorenthalts und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 36 Fällen zu 110 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt. Der Ehemann, der bereits wegen Trunkenheit am Steuer eine Voreintragung hat, wurde von Amtsgerichtsdirektorin Beate Philipp zu 95 Tagessätzen à 45 Euro verurteilt.