„Mindestens drei bis vier Vollzeitkräfte zu wenig“
- Wenn landauf, landab vom Thema Lehrermangel die Rede ist, ächzen nicht nur Grundschulen, sondern besonders auch die Förderschulen. Keinen einzigen neuen Sonderschullehrer gibt es im neuen Schuljahr für die Albert-Schweitzer-Schule in Tuttlingen, das so genannte Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ). Redakteurin Sabine Krauss hat mit Heike Zwick, Schulleiterin der Albert-Schweitzer-Schule, über die aktuelle Situation gesprochen.
Frau Zwick, wie ist es im Hinblick auf das neue Schuljahr um die Lehrerversorgung an der AlbertSchweitzer-Schule bestellt?
Unglaublich schlecht. Unsere Lehrerversorgung mit Sonderschullehrern liegt aktuell bei 75 Prozent. Auch im neuen Schuljahr werden wir keine neuen ausgebildeten Sonderpädagogen zugewiesen bekommen, nur wenn ich selbst jemanden finden sollte. Es ist aber einfach so, dass es im Bereich Sonderpädagogik momentan niemanden gibt.
Wie kompensieren Sie diese Lücke?
Zum Teil über Nicht-Erfüller, ich suche das ganze Jahr über nach Personal. Im Laufe des Jahres haben wir so eine Musiklehrerin eingestellt oder eine Erzieherin und eine Gymnasiallehrerin. Auch für das neue Schuljahr habe ich den vergangenen Wochen einige solcher Kräfte gefunden. Dennoch ist es so, dass wir Kompromisse beim Unterricht eingehen müssen, etwa Stundenkürzungen und Zusammenlegungen. Eine Differenzierung findet fast nicht mehr statt – das heißt, eine Gruppe mal zu teilen, um individuell auf die Kinder eingehen zu können, ist kaum mehr möglich. Besonders gravierend ist das, wenn es in Richtung berufliche Orientierung geht. Und natürlich bei den Klassen eins und zwei merken wir, dass die Schüler mehr Zuwendung bräuchten.
Müssen es unbedingt ausgebildete Sonderpädagogen sein?
Die Nicht-Erfüller machen ohne Frage einen tollen Job und wir sind sehr froh, dass Sie bei uns arbeiten. Doch die Aufgabenbereiche unserer Schule, die mittlerweile ein ,Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum’ (SBBZ) ist, sind sehr vielfältig und können oft nur von ausgebildeten Sonderpädagogen erfüllt werden. Das beginnt schon damit, dass für jeden Schüler, der zu uns kommen möchte, ein Gutachten erstellt werden muss. Dazu kommt der sonderpädagogische Dienst: Wenn andere Schulen um Unterstützung anfragen – das sind jeweils zwischen 30 und 50 Gutachten und Beratungen pro Jahr. Auch gehen unser Sonderpädagogen zur Frühförderung in die Einrichtungen.
Dazu kommt noch das Thema Inklusion...
Ja, wir haben zusätzlich zu unseren derzeit 77 Schülern von Klassenstufe eins bis neun etwa 30 weitere Schüler, die über die Inklusionsversorgung hinzukommen. So betreuen wir Inklusionsschüler an der Wilhelm-, Schiller-, Karl- und Schrotenschule in Tuttlingen sowie an der Konzenbergschule in Wurmlingen. Momentan haben wir 15 Lehrkräfte und davon sind zehn Sonderpädagogen. Das sind mindestens drei bis vier Vollzeitkräfte zu wenig.