Zarte Lyrik und harte Töne
Wirtz bringt mit sattem Sound das Honberg-Zelt zum beben
- Am Freitagabend ist ein Künstler auf dem Honberg-Sommer gekommen, den viele vermutlich erst seit de, Jahr 2015 vom Tauschkonzert „Sing meinen Song“kennen (er gewann dafür einen Bambi); und der Mann schrieb und schreibt noch immer keine Radiohits. Doch Daniel Wirtz, oder einfach nur Wirtz, rockt schon ein paar Jahre länger die Bühnen Deutschlands. Seit dem Jahr 2007 ist der ehemalige Kopf und Sänger von Sub7even mit einer Solokarriere am Start. Er überzeugte seine Fans auf dem Honberg in Tuttlingen mit nachdenklichen, klugen und (selbst-)kritischen Texten.
Bevor er aber mit seiner Band das Rampenlicht betrat, heizte ein Special Guest den Zuhörern ein; wären „Kaffkönig“ein Auto, es wäre ein Fahrzeug, das keine Beschleunigung hat, sondern sofort bei 200 Kilometern in der Stunde startet. Julian Seßler und Marcel Melucci, beide ganz in weiß, zogen vom ersten Ton an eine überaus laute, lustige und selbstbewusste Two-Men-Show ab.
Dann der Hauptact: Wirtz brauchte überhaupt keinen Anlauf. Mit „Die Fünfte Dimension“hatte erseine Fans sofort in der Hand. Das Zelt vibrierte vom ersten Song an, Wirtz deutsche Texte haben definitiv das Potential zum mitgrölen. „Kamikaze“zum Beispiel: „Nein, das ist mir zu wenig Kamikaze, und zu viel Seelenbaldrian, zu viel wenn und aber! Nein, das ist mir zu wenig Kamikaze, und ich fang erst gar nicht damit an, mir das schön zu labern!“
Auch zu „Gib mich nicht auf“aus seinem Album „Die Fünfte Dimension“sangen die Fans den Text lauthals mit: „Gib mich bitte nicht auf, ich droh abzusaufen. Bitte hör noch nicht auf, an mich zu glauben. Tausend Gründe dafür mich jetzt aufzugeben. Bitte finde den einen Grund dagegen“– ein Text, der vor Verletzlichkeit, Offenheit und Liebe dermaßen strotzt, dass man ihn für eine schnulzigen Schlager halten könnte – wäre da nicht dieser rockige, souveräne, gepiercte und bis zum Hals tätowierte Singer/Songwriter Daniel Wirtz, der die soften Texte in eine derart harte, gute Musik verpackt.
Doch nicht alle Songs hatten einen so rockigen Beat wie „Kamikaze“. Wirtz Schlug auch ruhige Töne an. Da hörte die aufgepeitschte Menge kurzzeitig auf zu pogen und zu hüpfen. Sie hörte einfach zu, als er „Richtig Weh“, „Keine Angst“und „Gebrannte Kinder“zum Besten gab. Als Zugabe schenkte Wirtz seinen Fans „Auf die Plätze“, „Frei“und „Mantra“. Mit „10 Jahre“präsentierte Wirtz zum Abschluss einen Song, den er vergangenes Jahr zum zehnjährigen Bestehen seiner Solo-Karriere veröffentlicht hatte.
Wirtz bot zwei Stunden hart verpackte, eigentlich zarte Lyrik vom Feinsten. Das Festivalzelt war nicht ganz ausverkauft, und das ist schade – ganz besonders schade für alle, die diesen gelungenen Auftritt verpasst haben.