Hut ab, Zucchero
Ein Konzert mit großen und skurrilen Momenten: Die Rockröhre auf Schloss Kapfenburg bei Lauchheim
LAUCHHEIM - Seinen großen Hit „Senza Una Donna“hat er sich ganz für den Schluss aufgehoben. Adelmo Fornaciari, besser bekannt als Zucchero, weiß, wie man das Publikum bei der Stange hält. Auf Schloss Kapfenburg bei Lauchheim haben der Sänger mit dem Zylinder auf dem Kopf und seine sechsköpfige Band am Samstagabend mit ihrem einzigen Deutschland-Konzert der „Wanted“-Tour für den Höhepunkt des 19. Festivals auf Schloss Kapfenburg gesorgt. Die gut 2000 Zuschauer erlebten einen Abend, der seine großen, aber auch seine skurrilen Momente hatte.
Es ist der Schmachte-Hit aus den frühen 90ern: „Senza Una Donna“, das Lied vom verlassenen Mann, der trotz „torture and bliss“, trotz Folter und Glückseligkeit, weitermachen will. Folter und Glückseligkeit? Gut, ganz so dick auftragen wollen wir nicht, aber in Zuccheros Brust schlagen in der Tat zwei Herzen. Auf der einen Seite ist der mittlerweile 62-Jährige ein Blues-Sänger, ein Rock’n’Roller, und stellt dies auch gleich zu Beginn mit einem Stück aus seinem Album „Black Cat“unter Beweis. Mühelos wechselt er die Genres, die Tempi, die Sprache, fegt zunächst ohne Pausen durchs Programm. Erst nach einer Dreiviertelstunde die erste Ansage, kurz und knackig: „Buona Sera, dankeschön“.
Aber er kann auch anders. Ein Blues-Musiker mit dem Hang zum Seichten, zum Pop, zum Kitsch gar? Wieso nicht. „Domenica“zum Beispiel, oder The Korgis’ 80er-Schmusehit „Everybody got to learn sometimes“. Herzschmerz pur. Aber warum der Mann seit Kindesbeinen Zucchero, Zucker gerufen wird, das wissen die Götter. Seine Stimme, die hat so gar nichts Süßes, ist eine Urgewalt. Sollte jemand nach dem Ursprung des abgedroschenen Begriffs „Rockröhre“suchen – hier steht er auf der Bühne. Unterstützt wurde Zucchero auf der Kapfenburg (Zucchero: „This is a beautiful place“) von einer sechsköpfigen Band, mit der er nach 166 gemeinsamen Konzerten fest verwachsen ist. Die Rhythmusgruppe mit Polo Jones am Bass und Adriano Molinari am Schlagzeug, aber auch die beiden Frontfrauen Andrea Whitt an der Violine und Sängerin/ Gitarristin Kat Dyson hatten ihre großen Momente.
Und die skurrilen? Zwischen Ansage und Konzertbeginn vergingen peinliche 30 Minuten, in denen schon der eine oder andere Pfiff laut wurde. Bei „Miserere“, dem Duett mit Luciano Pavarotti, mussten die Zuschauer natürlich mit einer Videoeinblendung vorlieb nehmen. Seltsam war es trotzdem, ein Video zu beklatschen. Und zwischendurch nahm sich der Star auch mal eine Auszeit und ließ die Band kurzerhand zwei Stücke alleine machen. Trotzdem: Hut ab, Zucchero.