AfD-Gäste aus KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen ausgewiesen
Besucher vom Bodensee sollen Führung mit rechten Äußerungen gestört haben – Landes-Antisemitismusbeauftragter sieht „Teil einer Kampagne“
Eine Besuchergruppe aus dem Wahlkreis Bodensee von AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel ist wegen rechten Äußerungen der Gedenkstätte Sachsenhausen verwiesen worden. Die fünf bis sechs Besucher waren Teil einer etwa 20-köpfigen Gruppe, die am 10. Juli die Gedenkstätte besichtigte.
„Die Gruppe hat den Ort als Plattform einer revisionistischen Propaganda benutzt“, sagte der Sprecher der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Horst Seferens, der „Schwäbischen Zeitung“. Mehrmals hätten sie einen Referenten der Gedenkstätte unterbrochen und ihm Manipulation vorgeworfen. Es sei deutlich zu erkennen gewesen, dass sich die Teilnehmer der AfD-Gruppe gut mit „pseudowissenschaftlicher und geschichtsrevisionistischer Literatur und Argumentationen“auskannten, so Seferens. Immer wieder hätten sie nach technischen Details gefragt und Zweifel an der Existenz von Gaskammern und der Durchführung der Massenmorde geäußert. „Dabei wurde nach unserer Wahrnehmung die Grenze zu strafbaren Äußerungen bewusst nicht überschritten“, sagte Seferens. Wenig später habe der Referent das pädagogische Programm abgebrochen und die Gruppe sei des Geländes verwiesen worden. Zuerst hatte der „Tagesspiegel“über den Vorfall berichtet.
Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter der baden-württembergischen Landesregierung, sieht darin keinen „isolierten Einzelfall“. „Wir haben gesehen, wie sich der AfDLandtagsabgeordnete Emil Sänze über die Landtagspräsidentin Muhterem Aras und die Gedenkkultur im Land geäußert hat“, sagte Blume der „Schwäbischen Zeitung“. Sänze hatte Aras nach ihrem Besuch von NS-Gedenkstätten Selbstinszenierung vorgeworfen. „Ich nehme das als Teil einer Kampagne wahr“, so Blume weiter. Die Motivation dahinter sei für Blume deutlich. „Rechtspopulisten behaupten, Deutschland zu lieben, verleugnen aber Teile der deutschen Geschichte. Das ist kein Patriotismus“, sagte er. „Sie sind nicht stark genug, um sich mit Licht und Schatten der Geschichte auseinanderzusetzen.“
Bei der AfD-Landtagsfraktion will man den Vorfall nicht bewerten. „Wir wissen nicht, warum man so lange geschwiegen hat – der Vorfall ist sieben Wochen her, so dass die Aussagen heute nicht mehr verifizierbar sind“, sagte Fraktionssprecher Klaus-Peter Kaschke. Der Vorstand der AfD Baden-Württemberg teilte mit, man prüfe den Sachverhalt. Falls sich ein „Fehlverhalten von AfD-Mitgliedern“ergebe, werde der Landesvorstand „geeignete disziplinarische Maßnahmen“ergreifen, teilte ein Sprecher der „Schwäbischen Zeitung“mit.
Die Brandenburger Polizei leitete Ermittlungen ein. Dazu ermittele der Staatsschutz in der Gedenkstätte, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums. Nach Angaben der Gedenkstätte kam es schon mehrfach zu solchen Vorfällen mit Besuchergruppen. „Wir beobachten mit Sorge, dass zumindest Teile der AfD ganz klar solche geschichtsrevisionistischen Tendenzen propagieren“, sagte der Direktor der Gedenkstättenstiftung, Axel Drecoll.
Die Fahrt der Gruppe vom Bodensee war vom Bundespresseamt finanziert worden. Weidel hatte die 17 Besucher am Tag vor dem Eklat in der Gedenkstätte zu einem Gespräch im Bundestag empfangen. Ein Sprecher Weidels sagte, bei dem Besuch in Sachsenhausen sei keiner ihrer Mitarbeiter gewesen. „Zu dem, was da genau geäußert wurde, haben wir noch kein Licht ins Dunkel bringen können“, sagte er.