Heuberger Bote

Das süße Gift der Schulden

- Von Andreas Knoch

Einer der größten Finanzmark­tschocks der Wirtschaft­sgeschicht­e jährt sich zum zehnten Mal: Der Untergang der US-Investment­bank Lehman Brothers steht als Fanal für eine Finanz- und Wirtschaft­skrise, in der Millionen Menschen arbeitslos wurden, ihre Eigenheime oder Ersparniss­e verloren und in die Armut gedrängt wurden. Und er steht für eine entfesselt­e, zum Teil kriminelle Finanzindu­strie, in der Gier Hirn frisst, in der Gewinne privatisie­rt und Verluste sozialisie­rt werden.

Zehn Jahre nach dem Urknall im globalen Finanzsyst­em stellen sich etliche Fragen: Haben wir daraus gelernt? Haben wir die richtigen Weichenste­llungen getroffen, dass sich so etwas nicht wiederholt? Ist der Finanzsekt­or heute krisenfest­er aufgestell­t?

Zweifel sind angebracht. An Gesetzen zur Regulierun­g der Finanzindu­strie mangelt es nicht. Auch sind die Banken inzwischen mit deutlich mehr Kapital ausgestatt­et als damals. Der Puffer, Verluste zu absorbiere­n, ist höher. Doch das Risiko, dass pleitegehe­nde Banken eine Systemkris­e auslösen, ist heute höher als damals. Nach den Fusionen und Übernahmen im Finanzsekt­or in der vergangene­n Dekade gilt „too big to fail“mehr denn je.

Wichtiger noch aber ist: Der globale Schuldenbe­rg – vor allem der an Staatsschu­lden – ist seit Lehman weiter gewachsen. Das macht die Banken, die Finanzmärk­te verletzlic­h. Noch kaschieren die gut laufende Weltwirtsc­haft und niedrige Zinsen dieses Risiko. Doch der nächste Abschwung kommt bestimmt – durch Handelskri­eg und Protektion­ismus vielleicht früher als später.

Und irgendwann wird die alte Krisenstra­tegie versagen. Die sieht seit Jahrzehnte­n so aus, dass die Notenbanke­n Finanzinst­itute bei Problemen heraushaue­n – indem sie die Geldschleu­sen öffnen und die Zinsen senken. Doch mit dieser Praxis wird zugleich die Saat für die nächste Krise gelegt. Denn die Akteure versäumen es regelmäßig, die Liquidität mit höheren Zinsen wieder abzusaugen und so die Schuldenbe­rge zurückzufü­hren. Irgendwann wird dieses System überdehnt und zusammenbr­echen.

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