ABC-Abwehrübung
Im Raum Spaichingen sammeln sich Soldaten für internationale Übung.
SPAICHINGEN/ALDINGEN - „Coronat Mask“– so heißt die größte ABCAbwehrübung der NATO und der EU, die es je gegeben hat. Die findet seit Freitag parallel in Tschechien, Italien, in der Slowakei und in Deutschland statt und wird noch bis 27. September andauern. Auch Baden-Württemberg ist unter anderem mit Spaichingen und den Umlandgemeinden mit von der Partie. Caroline Messick hat mit Oberstleutnant Markus Kirchenbauer von der Pressestelle des Baden-Württembergischen Landeskommandos der Bundeswehr über die Hintergründe und Ziele der Übung und deren Bezug zur Region gesprochen.
Herr Kirchenbauer, „Coronat Mask“ist eine international angelegte ABC-Abwehrübung, bei der insgesamt rund 1300 Soldaten aus 14 Nationen beteiligt sind. Warum ist diese Übung so umfangreich?
In allen Ländern wurde in den vergangenen Jahren in Verteidigungsangelegenheiten personell sowie materiell heruntergefahren. Die sicherheitspolitischen Veränderungen – nehmen wir die Annexion der Krim oder den Ukraine-Konflikt als Beispiel – stellt die NATO vor neue Herausforderungen, die ein NATOMitgliedsland nicht mehr allein bewältigen kann. Da braucht es mehrere Mitglieder, die kooperieren. Da jede Nation andere Fähigkeiten oder eine andere Ausrüstung mitbringt, entstehen Unterschiede in den Abläufen. Los geht es da beispielsweise schon mit dem Funkverkehr; da muss synchronisiert werden.
Und welche Rolle spielt dabei die Bundeswehr?
Die internationale Übung „Coronat Mask“ist Teil des Rahmennationen-Konzepts, das die Kooperation von verschiedenen NATO-Staaten im Blick hat. Im Bereich der ABC-Abwehr ist Deutschland Rahmennation mit dem Aufgabenschwerpunkt, diese Übung zu koordinieren. Teilnehmer in BadenWürttemberg sind außerdem Belgien, Großbritannien, Bulgarien, Kanada und die Niederlande. Das ABCAbwehrkommando der Bundeswehr in Bruchsal hat dabei die Leitung inne. In Deutschland werden ABC-Abwehrübungen in der Lüneburger Heide und in Baden-Württemberg gemacht, wobei man sich auf unterschiedliche Schwerpunktorte konmit zentriert.
Neben Gammertingen und Munderkingen zählen auch Spaichingen und Aldingen zu Schwerpunktorten der Übung, andere Orte in der Umgebung sind ebenso möglich. Warum diese Orte?
Genau kann ich das nicht sagen, da das ABC-Abwehrbataillon 750 die Übung geplant hat und auch durchführt. Ich denke, dass die Beschaffenheit dieser Orte für die Übungen einfach gut geeignet ist, was zum Beispiel das Gelände und die Infrastruktur angeht.
Was genau soll eigentlich geübt werden?
„Coronat Mask“ist als freilaufende Übung angelegt, hat also einen freien Charakter. Wir hangeln uns also nicht von Kaserne zu Kaserne durch, sondern wollen, dass diese Übungen im freien Gelände so realistisch wie möglich durchgeführt werden können. Die Truppen sollen unter anderem chemisch, biologisch, radiologisch oder nuklear verseuchtes Gelände aufspüren und militärisches Personal, Material und Fahrzeuge dekontaminieren.
Wo genau in Spaichingen werden diese Übungen stattfinden und ab wann müssen die Bürger damit rechnen?
Wo und wann genau welche Übung stattfindet, kann ich nicht sagen. Der Truppenführer entscheidet immer vor Ort, welchen Weg die Truppe dem Spürpanzer Fuchs und anderen Fahrzeugen zurücklegt. Auf welchen Straßen die wann genau unterwegs sein werden, ist also schwer vorauszusagen. Es ist aber möglich, dass irgendwo auf den Geländen ziviler Firmen oder in den Wäldern Spaichingens und in den Nachbargemeinden geübt wird.
Und wie sieht so ein Szenario konkret aus?
Es kann zum Beispiel sein, dass ein Zug bei einem Waldstück unterzieht und da seine Sicherung auslegt. Das heißt, dass sich die Truppe, wie beim echten Einsatz, ein schützendes Lager aufbaut oder einzelne Wachtposten an Ortsausgängen und -eingängen aufgestellt werden. Dabei tragen die Soldaten zwar Waffen, allerdings mit Übungsmunition.
Müssen sich die Bürger auf irgendwelche Überraschungen gefasst machen?
Nein. Die Bewohner werden nicht in die Übung miteinbezogen. Sie müssen sich das so vorstellen: Wenn die Truppe ihren Marschbefehl erhalten hat und am Zielort angekommen ist, wird sich der Truppenführer jeweils mit der Stadtverwaltung oder einzelnen Bewohnern kurzschließen, bevor irgendwo ein Lager oder sonstiges aufgebaut wird. Außerdem ist die Übung bei allen Landratsämtern in Baden-Württemberg angemeldet. Auch laute Knallgeräusche sollte es nicht geben, da Übungssprengungen oder -schusswechsel nicht geplant sind. Es kann natürlich sein, dass ein Bürger mal einem Soldaten mit einer ABC-Schutzmaske begegnet.
Welches Ziel verfolgen NATO und EU mit diesen Übungen?
Letztendlich geht es darum, dass alle beteiligten Soldaten lernen, miteinander zu arbeiten, um so gemeinsam und multinational in der NATO oder EU für den Fall eines ABC-Angriffs voll einsatzbereit zu sein.