Handwerk beklagt massiven Fachkräftemangel
(dpa) - Viele Handwerksbetriebe sind auf Monate ausgebucht und suchen verzweifelt Fachkräfte. „Derzeit sind die Auftragsbücher unserer Betriebe teils so sehr gefüllt, dass sie Aufträge ablehnen müssen, weil sie schlicht nicht genügend Fachkräfte haben“, berichtet der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Fast die Hälfte der Firmen habe Schwierigkeiten, Personal zu finden. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen bezifferte der Verband auf rund 150 000. Die Gründe liegen laut ZDH in sinkenden Schulabgängerzahlen und einer erhöhten Neigung zu studieren.
Es gibt einfach zu viele Störungen an den Zügen, und wir müssen auch bei der Infrastruktur besser werden. Diese Themen haben wir erkannt und arbeiten mit aller Kraft entgegen.
Eine Lösung ist, dass bald Tausende Züge digital fahren und Millionen mehr Menschen transportieren sollen. Wie soll das geschehen?
Wir haben schon viele hundert Kilometer Schiene digitalisiert, und wir sind jetzt dabei, das European Train Control System (ETCS) einzuführen. Mit dem Programm Digitale Schiene Deutschland wollen wir aber noch deutlich an Geschwindigkeit zulegen.
Was bringt das System?
In Europa haben wir 20 verschiedene Zugsteuerungssysteme. Deshalb ist Verkehr zwischen den einzelnen Ländern ziemlich kompliziert. Wenn wir ETCS flächendeckend einführen, können unsere Güterzüge in ganz Europa fahren und sind zum ersten Mal mit dem Lkw auf der Straße vergleichbar. Die machen an keiner Grenze halt, unsere Züge leider schon.
Mehr Güterverkehr ist ein Vorteil. Was bringt das System den Fernverkehrskunden?
Die Digitalisierung ermöglicht uns, ohne den Bau eines zusätzlichen Kilometers Schiene mehr Kapazität im Netz zu schaffen. Denn die Zugabstände, die heute oft sehr groß sind, schmelzen zusammen. So können wir mehr Züge fahren lassen. Der Plan ist, dass wir bis zu 20 Prozent mehr Kapazität auf die Strecke bringen. Das neue System führt auch zu einer höheren Pünktlichkeit. Es bewirkt, dass die Züge unabhängiger von menschlicher Steuerung sind und damit zuverlässiger.
Auf der Strecke Berlin-München wird ETCS genutzt. Am Anfang gab es Probleme. Sind die immer noch vorhanden?
Wir hatten leider Kinderkrankheiten an unseren Zügen. Das hatte mit der Strecke nichts zu tun. Zum Glück haben wir das schnell in den Griff bekommen. Die neue Technik hat einen Quantensprung bewirkt. Denn wir fahren heute auf der Strecke mit einer durchschnittlichen Pünktlichkeit von über 90 Prozent. Das würden wir uns dann für die gesamten Verkehre wünschen.
In Ländern wie der Schweiz ist ETCS Standard. Warum hat es in Deutschland so lange gedauert?
Dass wir später dran sind, ist heute unser Glück. Denn Länder wie die Schweiz haben zwar ETCS eingeführt. Sie haben aber den Level 1 implementiert. Europa schreibt heute den Level 2 vor. So sind wir jetzt in der grandiosen Situation, nichts mehr nachrüsten zu müssen. Andere Länder müssen nun nachsteuern.
Mehr Kunden bedeuten mehr Einnahmen. Außerdem können langfristig Kosten gespart werden, weil etwa die Wartung der Signale entfällt. Heißt das, dass die Ticketpreise sinken?
Ja, wenn wir flächendeckend die Digitale Schiene Deutschland haben, wird das Schienennetz billiger zu betreiben sein. Wenn das passiert, sin- ken die Trassenpreise und damit können die Bundesländer mit demselben Geld mehr Regionalverkehr bestellen. Auch der Güter- oder Fernverkehr profitiert hier, und am Ende werden es unsere Kunden an ihrem Portemonnaie spüren.
Viele Kunden merken die Auswirkungen der Digitalisierung erst, wenn Strukturen fehlen. Das Internet in den ICEs ist immer noch extrem langsam und teilweise gar nicht vorhanden. Warum?
Wir haben alle ICEs mit der nötigen Technik ausgestattet, um im Internet zu surfen und zu telefonieren. Insgesamt haben wir 100 Millionen Euro investiert. Wir können die beste Technik in einem ICE haben, wenn es Funklöcher gibt, können wir nichts machen. Deshalb ist unsere Forderung an die Bundesnetzagentur, bei der jetzt ausstehenden Ausschreibung für die 5G-Netze die Ausleuchtung unseres Kernnetzes verpflichtend vorzuschreiben.
Die Bahn will in den kommenden Jahren zehn Prozent mehr Strecken im Vergleich zum aktuellen Stand elektrifizieren. Welche Strecken kommen dafür infrage?
Der Koalitionsvertrag sieht die Erhöhung von 60 auf 70 Prozent der Elektrifizierung der Strecken vor. Jetzt erarbeiten wir mit der Bundesregierung ein Programm, welche Strecken das sein könnten. Schon heute fahren wir aber 90 Prozent des gesamten Verkehrs auf elektrifizierten Strecken.
Anfang des Jahres war der Baustart zur Elektrifizierung der Südbahn von Ulm nach Friedrichshafen. Bis Ende 2021 soll gebaut werden. Wie ist der Stand?
Das Ziel ist nach wie vor ambitioniert, denn es ist ein großer Streckenabschnitt. Aber nach jetzigem Stand erfüllen wir den Zeitplan.
Die Bahn lehnt die Neigetechnik auf der Gäubahn ab. Diese Technik ist aber entscheidend, damit das Ertüchtigungsprogramm des Landes Baden-Württemberg für die Gäubahn greift. Was spricht gegen die Neigetechnik?
Wir sind nicht gegen Neigetechnik. Wenn die Regierung entscheidet, dass wir die Strecke mit dieser Technik ausbauen, dann tun wir das auch. Derzeit sind wir in den Finanzierungsgesprächen. Nach derzeitigem Stand gehe ich davon aus, dass wir bis zum Jahresanfang eine Finanzierungsvereinbarung haben können. Wir werden den Abschnitt HorbNeckarhausen, für den Planrecht vorliegt, dann umgehend realisieren. Für mich hat die Gäubahn höchste Priorität.
Sie haben den Fertigstellungstermin für Stuttgart 21 auf Ende des Jahres 2025 verschoben und die Kostenkalkulation auf 8,2 Milliarden Euro angepasst. Stimmt dieser Zeit- und Kostenplan überhaupt noch?
Ja, der stimmt. Es war eine lange Diskussion im Aufsichtsrat und im Vorstand, und wir haben die Zusage gemacht, dass wir bis zum Fahrplanwechsel, also Dezember 2025, Stuttgart 21 und bis zum Fahrplanwechsel 2022 die Neubaustrecke Ulm-Wendlingen fertigstellen. Die Neubaustrecke wird einen gewaltigen Fahrzeitgewinn bedeuten. Wir halbieren da die Fahrzeit. Kein Mensch wird mehr mit dem Auto fahren, wenn er zeitökonomisch handelt. Denn er steht in den verkehrsdichten Zeiten lange im Stau, mit uns rauscht er in einer halben Stunde nach Stuttgart rein.