„Wir sind hier wie bei einer Beerdigung“
Harmonika-Club Neuhausen löst sich nach 87 Jahren auf
NEUHAUSEN OB ECK – Bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Harmonika-Clubs Neuhausen im Gasthaus „Adler“haben die zwölf anwesenden Mitglieder bei einer Enthaltung beschlossen, den Verein nach 87 Jahren aufzulösen. Vorsitzender Klaus Reichle ging nochmals auf die Situation des Vereins ein.
Nach dem Kirchenkonzert im Oktober vergangenen Jahres (wir berichteten) hatten mehrere Orchestermitglieder altersbedingt aufgehört, so dass das Orchester mit bis dahin 14 Akkordeonspielern nicht mehr spielfähig war. Auch die Kooperation mit der Schule, die vor zehn Jahren verheißungsvoll begann, hatte letztendlich zu keinen neuen Mitgliedern und jungen Spielern geführt. Sowohl das Engagement beim Kinderferienprogramm als auch der Versuch mit anderen Vereinen zu kooperieren, schlugen fehl.
Aus diesem Grund musste die Vorstandschaft dem bisherigen Dirigenten Eric Dann, der sich mit viel Herzblut und Engagement für die Nachwuchsgewinnung einsetzte, schweren Herzens kündigen.
Verein mit sofortiger Wirkung aufgelöst
„Wir sind hier wie bei einer Beerdigung zusammengekommen“, sagte Reichle. Deshalb habe es den anwesenden Mitgliedern bei der Diskussion die Sprache verschlagen, fügte er hinzu. Dem Ausschuss sei es nicht leichtgefallen, den Verein, der in den vergangenen Jahrzehnten bei der Bevölkerung hohes Ansehen genoss, nach 87 Jahren seit der Vereinsgründung 1931 aufzulösen. Mit einer Rumpfmannschaft an aktiven Akkordeonspielern sei der Vereinsgedanke, mit Musik die Menschen zu erfreuen, nicht mehr zu erfüllen.
Der Mitgliederschwund, der sich in den vergangenen Jahren merklich fortsetzte, war ein weiterer Grund, einen Schlussstrich unter die Misere zu ziehen. Neun Ehrenmitglieder und 29 passive Mitglieder unterstützen den Verein, das Orchester hat derzeit noch acht aktive Mitglieder. Nachdem die zwölf anwesenden stimmberechtigten Mitglieder mehrheitlich beschlossen hatten, den Verein mit sofortiger Wirkung aufzulösen, mussten Liquidatoren gewählt werden, die die Vereinsauflösung durchführen sollen.
Zu Liquidatoren wurden der erste Vorsitzende Klaus Reichle, der zweite Vorsitzende Martin Schmid und Kassierer Siegbert Brugger einstimmig gewählt. Eine Satzungsänderung bezüglich der Verteilung des Vereinsvermögens wurde bisher nicht durchgeführt, sodass das Vereinsvermögen an gemeinnützige Vereine oder Organisationen verteilt werden könne.
Verteilung des Vereinsvermögens
Zur Diskussion gestellt wurde die Verteilung an Vereine, die in besonderem Maße den Harmonika-Club in der Vergangenheit unterstützt hatten. Besonders das Deutsche Rote Kreuz, die Musikkapelle Neuhausen, der Schwäbische Albverein und der Turn- und Sportverein Neuhausen sollen mit einer finanziellen Spende bedacht werden. Ein Mitglied wollte auch den Bezirk Schwarzwald-BaarHeuberg des Deutschen Harmonikaverbandes unterstützen. Nach reger Diskussion beschloss die Versammlung, die vier genannten Vereine und den Bezirk finanziell zu unterstützen. Der Rest des geldlichen Vereinsvermögens soll der Nachsorgeklinik Tannheim zugutekommen. Das Notenmaterial soll anderen musizierendenVereinen zur Verfügung gestellt und kleine Musikinstrumente der Homburgschule und den Kindergärten angeboten werden.
Nachdem die formelle Auflösung beschlossen war, ergriff Bürgermeister Hans-Jürgen Osswald das Wort. „Die Vereinsauflösung ist ein trauriges Ereignis. Aber ich begrüße auch die konsequente Entscheidung“, sagte Osswald. „Sie haben sich nichts vorzuwerfen. Sie waren der erste und einzige Verein, der vor zehn Jahren eine Kooperation mit der damaligen Grundschule eingegangen ist und sich aktiv bei der Einführung der Ganztagesbetreuung einbrachte. Sie haben nie aufgehört sich in der Nachwuchsgewinnung zu engagieren. Der Schritt ist konsequent und richtig“, fügt Osswald hinzu. Das Gemeindeoberhaupt sagte dem Verein jegliche Unterstützung zu, denn einen Verein zu gründen sei viel einfacher, als einen Verein aufzulösen.
Osswald dankte dem HarmonikaClub für all die Jahre und Jahrzehnte, in der das Orchester das Gemeinwesen mit Leben erfüllt und bereichert habe. Bei der Abwicklung der Formalitäten und des Proberaumes stehe die Verwaltung mit Rat und Tat zur Seite. Zum Schluss dankte Reichle noch der Wirtin vom Gasthaus „Adler“Ingrid Reichle für die jahrelange freundliche Bewirtung im Vereinslokal mit einem Geschenk. Auch werde ein Freitagsstammtisch einmal monatlich stattfinden. Mit Wehmut und mit feuchten Augen beendete Reichle die Versammlung und schlug das Kapitel „Harmonika-Club 1931 Neuhausen ob Eck“zu.