Leichtathleten verschieben die Grenzen des Machbaren
Sportwelt diskutiert, wie die Fabel-Weltrekorde im Marathon und Zehnkampf passieren konnten
(SID) - „Wahnsinn“, „phänomenal“, „unvorstellbar“: Am Tag nach den zwei Fabel-Weltrekorden in der Leichtathletik überschlugen sich die Huldigungen für Zehnkämpfer Kevin Mayer und Marathonläufer Eliud Kipchoge. Beiden gelang der Vorstoß in eine neue Dimension – doch wo liegen die Grenzen? „Wir nähern uns langsam dem, was menschenmöglich ist“, sagte der deutsche Marathon-Rekordhalter Arne Gabius im Deutschlandfunk.
„Zwei-Stunden-Schallmauer wird fallen“
Der Allgemeinmediziner ist sich nach Kipchoges Sensationslauf – er benötigte 2:01:39 Stunden – in Berlin aber sicher: Die Zwei-StundenSchallmauer wird fallen. Er gehe davon aus, dass ein Marathon „unter zwei Stunden sicherlich in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten möglich sein wird“, sagte Gabius, „und dann wird man sich irgendwo bei einer Stunde und 58 einpendeln.“
Kipchoges Zeit, 78 Sekunden schneller als die vorherige Bestmarke, ist schon jetzt kaum mehr rational zu erklären. Sie sei für den Marathonlauf, so beschrieb es die „Neue Zürcher Zeitung“am Montag, „wie eine Landung auf dem Mars für die Raumfahrt“. Kipchoge lief jeden der 42,195 Kilometer auf den Straßen der Hauptstadt in 2:53 Minuten. Unterteilt man die Marathon-Distanz in 422 100-Meter-Läufe, benötigte der 33-Jährige für jeden dieser Sprints 17,3 Sekunden.
Ähnlich verblüffend ist die Leistung Mayers. Nur sieben Stunden nach Kipchoges Husarenritt verschob der Franzose die Grenzen im Zehnkampf. Mayer schraubte den Rekord beim Saisonfinale in Talence auf unglaubliche 9126 Punkte und überbot damit die Bestmarke des Amerikaners Ashton Eaton aus dem Jahr 2015 um satte 81 Zähler. Zum Vergleich: Der Ulmer Europameister Arthur Abele schaffte als Zweiter 8431 Punkte.
Abele begeistert von Mayer
„Diese Leistung von Kevin, die war unglaublich, einfach brutal. Er ist ein Wahnsinnstyp! Er hat in jeder Disziplin performt, von A bis Z“, lobte Abele. Aber: „Ich kann mir schwer vorstellen, dass er diese Punktzahl noch einmal übertreffen kann.“
Doch die Rekordhatz in der Leichtathletik wirft auch Fragen auf. Wie sind derartige Leistungssprünge möglich? Zur Erinnerung: 2003 lief der Kenianer Paul Tergat als erster Mensch unter 2:05 Stunden – eine Zeit, die von Europäern bis heute unerreicht ist.
„Man darf auf jeden Fall Zweifel haben in der heutigen Zeit“, sagt Gabius, weist aber auch auf die verbesserten Kontrollen hin: „In Kenia hat sich einiges getan, es gibt deutlich mehr Kontrollen und dadurch auch mehr positive Dopingtests.“
Kipchoge sei in einem speziellen Testpool und muss eine bestimmte Anzahl von unabhängigen Trainingskontrollen haben.