Lahm verspricht „riesengroßes Fest“
UEFA vergibt die EM 2024 mit deutlicher Mehrheit an Deutschland – Grindel erleichtert
(dpa/SID/fil) - Reinhard Grindel ballte kurz die Fäuste, dann umarmte der großgewachsene DFBPräsident Philipp Lahm, den doch eher zierlich gebauten Weltmeister von 2014, Ehrenspielführer der Nationalmannschaft, DFB-Botschafter – und seit wenigen Sekunden designierter Cheforganisator der FußballEuropameisterschaft 2024. Dann fiel Grindel auch den anderen 19 Mitgliedern der DFB-Delegation in die Arme.
Diese wird in Deutschland stattfinden. Um 15.21 Uhr gab UEFA-Präsident Aleksander Ceferin die Entscheidung für Deutschland und gegen die Türkei bekannt. Der DFB gewann die Wahl des Exekutivkomitees, der Regierung der Europäischen Fußballunion, mit 12:4 Stimmen bei einer Enthaltung. Die Türkei scheiterte somit auch im vierten Anlauf.
„Ich spüre die Verantwortung“
„Ich bedanke mich für das unglaubliche Vertrauen. Ich weiß, was dieses Turnier für die UEFA bedeutet. Ich spüre die Verantwortung“, sagte Grindel, dessen Zeit beim DFB ziemlich sicher zu Ende gewesen wäre, hätte Fußballdeutschland nach den sportlichen Enttäuschungen des Sommers und den Irrungen und Wirrungen der Funktionäre nicht nur in der Affäre um die Erdoganfotos von Mesut Özil auch noch diese Wahl verloren. Doch nicht nur für Grindel, sondern den gesamten DFB war die EM-Vergabe von fast existentieller Bedeutung. Bei einem Scheitern der Bewerbung wären einerseits die Rufe der Profivereine nach professionelleren Strukturen im Verband lauter geworden und andererseits hätten auch die Amateurverbände wieder mehr Rechte und Gelder reklamiert.
„Natürlich fällt einem ein Stein vom Herzen, wenn man sich so für eine EM einsetzt“, sagte der für die Amateure zuständige DFB-Vize Rainer Koch. „Ich habe gekämpft. Aber nicht für mich, sondern für den DFB. Für das große Ziel, mit der EM 2024 einen Erfolg für den deutschen Fußball zu erreichen. Wir werden alles dafür tun, um den Erwartungen gerecht zu werden“, meinte der frühere Bundestagsabgeordnete Grindel (CDU).
Der DFB, der als Favorit in die Abstimmung gegangen war, wird zum zweiten Mal nach 1988 die EM ausrichten. 18 Jahre nach der WM 2006, die angesichts der ausgelassenen Stimmung im Land zwar zurecht als „Sommermärchen“in die Geschichte einging, aber von der eben auch eine Korruptionsaffäre geblieben ist, die etwa dem damaligen Cheforganisator Franz Beckenbauer seinen inoffiziellen Titel als Fußball-Lichtgestalt kostete und die noch immer nicht restlos aufgeklärt ist.
Der Franz Beckenbauer von 2024 wird Philipp Lahm heißen. Der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft wird Organisationschef des Turniers – bei dem diesmal alles mit rechten Dingen zugehen soll. „Ich bin sehr stolz. Es war eine unglaubliche Spannung“, sagte Lahm, „man weiß nie, was passiert. Wir haben uns viel vorgenommen. Wir wollen gemeinsam ein riesengroßes Fest mit ganz Europa feiern.“
Gespielt werden wird in Berlin, München, Düsseldorf, Stuttgart, Köln, Hamburg, Leipzig, Dortmund, Gelsenkirchen und Frankfurt. Der DFB rechnet damit, dass insgesamt 2,78 Millionen Zuschauer zu den 51 Spielen in den Stadien kommen können. Wo Eröffnungsspiel und Finale steigen, wird noch festgelegt.
Aus der Heimat ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel über ihren Sprecher „herzliche Glückwünsche“ausrichten. „Wir freuen uns auf spannende Spiele bei der EM 2024 und auf den Besuch von Fans aus ganz Europa“, lautete die offizielle Stellungnahme. Merkel blieb durch die Wahl auch die eher unangenehme Aufgabe verwehrt, dem seit Donnerstag zum Staatsbesuch in Deutschland weilenden türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan zur EM-Vergabe gratulieren zu müssen.
Die Delegierten des türkischen Verbands TFF verließen die Schweiz bitter enttäuscht. „Dass die UEFA trotz all unserer Stärken die Europameisterschaft nicht an unser Land vergeben hat, ist eine traurige Situation“, sagte Sportminister Mehmet Kasapoglu: „In dieser geographischen Lage wäre die Organisation dieses Turniers eine Win-Win-Situation gewesen.“
Den türkischen Mitbewerber sprachen Grindel und Lahm zunächst auf der Bühne des UEFA-Auditoriums nicht an, äußerten aber anschließend ihren Respekt. „Jede demokratische Entscheidung ist die richtige Entscheidung“, sagte UEFAPräsident Ceferin zur Wahl. „Wir hatten zwei starke Bewerbungen.“