Wenn der Postmann gar nicht klingelt
Die Gleichstellungsbeautragte für Briefkastenangelegenheiten der Bundesregierung ist empört: Wegen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) könnte es in Zukunft passieren, dass Briefschlitze ein namenloses Dasein fristen. Zu erwarten sind orientierungslos durch die Wohngebiete irrende Postboten, beladen mit Briefen, die sie nicht mehr losbekommen. Aber nicht nur, weil Klingelschilder anonym sind – auch Briefumschläge selbst dürfen weder Absender noch Empfänger enthalten. Denn ein Brief, der am Ende noch richtig ankommt, ist naturgemäß ein eklatanter Verstoß gegen den Datenschutz.
Ähnlich verhält es sich auch am Arbeitsplatz. Der Chef darf seinem Angestellten nicht mehr zum Geburtstag gratulieren. Denn wenn der Chef wüsste, wann sein Angestellter Geburtstag hat, wüsste er auch, wann er geboren ist – und könnte sich schließlich das Alter ausrechnen. In Zeiten angestrebter ewiger Jugend ist diese Form des Datenschutzverstoßes mehr als unanständig.
Die Bundesregierung überarbeitet derzeit das Arbeitsrecht dahin gehend, wie es anzustellen sei, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer komplett anonymisiert zusammenkommen. Denn welchen Beruf ein künftiger Mitarbeiter gelernt hat, geht den Arbeitgeber laut DSGVO natürlich nichts an. Wo kämen wir denn da hin, wenn der Chef so tief in die Privatsphäre seiner Lohnempfänger eindränge, dass er wüsste, was diese beruflich machen. Zum Glück weiß Ihr Zeitungszusteller auch ohne Klingelschilder, wo Sie wohnen. Sonst könnten Sie das hier in Zukunft gar nicht mehr lesen.