„Ausgang offen“
Kunsthalle Weishaupt in Ulm zeigt Neuerwerbungen und Arbeiten aus dem Depot zum Motiv des Kreises
Kunsthalle Weishaupt zeigt Motive zum Kreis
- Nach der Kooperation mit dem Museum Ulm konzentriert sich die Kunsthalle Weishaupt wieder ganz auf sich. In „Ausgang offen“werden neu angekaufte Werke mit bereits Erworbenen aus dem Depot zusammengebracht. Und bei der Auswahl der Objekte bleibt sich die Kunsthalle treu: Leuchtende Farben und geometrische Formen herrschen, wie in vergangenen Ausstellungen, vor.
Schon im Eingangsbereich ist zu erahnen, was mit dem Titel der Ausstellung gemeint ist. Dort hängt ein riesiger Neonkreis des Künstlers Maurizio Nannucci mit dem Schriftzug „Moving Between Different Opportunities And Open Singularities“, was so viel bedeutet wie: sich zwischen verschiedenen Möglichkeiten und offenen Eigenarten bewegen. Nannucci stimmt ein auf das, was dann auf den zwei Stockwerken der Kunsthalle folgt. Außerdem nimmt er das vorherrschende Motiv vorweg. „Alles dreht sich um den Kreis, den wir bewusst als wiederkehrendes Motiv gewählt haben. Denn, er hat keinen Anfang und kein Ende“, begründet Kuratorin und Direktorin der Kunsthalle, Kathrin WeishauptTheopold, die Auswahl. „Fährt man mit dem Finger über die Form, ist man ständig in Bewegung. Und so ist es auch mit unserer Ausstellung. Wir wollen damit zeigen, dass unsere Sammlung nicht stagniert.“
Chaos trifft auf Ordnung
Die Schau „Ausgang offen“ist in verschiedene Themenschwerpunkte gruppiert. Und sie ist geprägt von Abstraktem. Unter anderem kommen da Werke von Stéphane Dafflon und Anthony Caro zusammen, die sich beide auf unterschiedliche Weise der strengen Geometrie widmen. Caros Stahlskulptur „Nova“präsentiert sich revolutionär: Sie hat keinen Sockel und begegnet dem Betrachter so auf Augenhöhe. Eher gegensätzlich wirken dagegen Beat Zoderers „Doppeldiagramm No.1“und „Color sound S. Jaques 5“von Karl Gerstner. „Da findet sich das Chaos von Zoderer, der sich mit seinem Werk in alle Richtungen ausbreitet, genau neben den ordentlich aufgefächerten Farben von Gerstner“, sagt Kathrin Weishaupt-Theopold.
Einen Kontrast dazu bietet der Raum mit politisch motivierten Werken. Hoch über dem Besucher thront das Triptychon „Untitled (Raft at Sea)“des amerikanischen Künstlers Robert Longo – eine gigantische Schwarz-Weiß-Darstellung eines Flüchtlingsboots, das mitten auf dem Meer treibt. „Als ich das Bild das erste Mal sah, war ich erschüttert und fasziniert zugleich“, sagt Sammler Siegfried Weishaupt. „Es steht für das europäische Drama – ohne eine Wertung abzugeben. Jeder wird sich bei dem Bild wohl bestimmte Berichterstattungen in den Medien automatisch in Erinnerung rufen.“Longo widmet sich in weiteren ausgestellten Bildern auch anderen Themen unserer Zeit. Vom Atomstreit über Waffengesetze bis hin zum 11. September, dem amerikanischen Drama.
Experimente als Höhepunkt
Doch zurück zur Geometrie. Die findet sich ebenso im zweiten Stockwerk. „Raum 1387: Salon Haus Tugendhat“von Ben Willikens hängt zwischen der Hausterrasse und der Fensterwand. Säulen stehen sowohl im realen Raum als auch im gemalten Raum des Bildes. Der Betrachter hat das Gefühl, als würde Willikens Werk die Kunsthalle erweitern. Tageslicht fällt von rechts ein, sowohl im Gebäude als auch im Bild.
Im großen Stil werden dann im letzten Saal noch einmal einfachste geometrische Formen zelebriert. Ohne Farbe, lediglich in Schwarz und Weiß gehalten fokussieren sich Werke im großen Format hier auf Kreis, Quadrat, Spirale und Dreieck – und das mit ungewöhnlichen Hilfsmitteln. Für „Cube, Sphere, Pyramid“etwa hat David Nash Eichenhölzer verbrannt. Die hinterlassenen Risse und Maserungen mit der schwarzen Farbe stehen im Kontrast zu den klaren geometrischen Formen.
Besonderer Höhepunkt für Liebhaber verspielter Kunst ist der Raum der „Experimentierfreudigen“. Beeindruckend ist vor allem das übergroße Bild von Jiri Georg Dokoupil. Für „Untitled“ließ Dokoupil mit Pigment versetzte Seifenblasen auf schwarzer Leinwand platzen. „Damit hat er den Seifenblasen, die eine ganz kurze Lebensdauer von Sekunden haben, Unsterblichkeit verpasst“, erklärt Direktorin Weishaupt-Theopold. Unsterblichkeit, Unendlichkeit – das vorherrschende Motiv in der Ausstellung ist klar erkennbar.