Blaue Stunde
Briefe und Gedichte von Julius Herburger im Kunstmuseum Hohenkarpfen.
HAUSEN O.V. - Rund 40 Kunstinteressierte sind zur Blauen Stunde ins Kunstmuseum Hohenkarpfen gekommen. Stiftungskustos Mark R. Hesslinger und Erna Schliemann trugen aus Briefen und Gedichten Julius Herburgers vor, dessen Werke derzeit gezeigt werden. Prof. Friedrich Weller, der mit einer Nichte des 1973 verstorbenen Künstlers, Ursula Weller, verheiratet ist, gab einen persönlichen Einblick.
Das Ehepaar Weller hat Herburger, der als einer der bedeutendsten Maler Oberschwabens des 20. Jahrhunderts gilt, nur einmal persönlich getroffen – nach einer Ausstellung. Enger und herzlich sei das Verhältnis zu dessen Witwe Maria Herburger gewesen. „Sie hat uns seine Bilder in ihrer Wohnung gezeigt und Mappen geöffnet – das war jedes Mal eine Offenbarung“, erzählte Friedrich Weller. Nur das „Mädchen mit rosa Hut“aus dem Jahr 1925, eines der Hauptwerke des jungen Herburger, auch Titelbild des Katalogs zur Ausstellung auf dem Hohenkarpfen (wir berichteten), habe ihr nicht wirklich gefallen. „Eigentlich gehört das weg“, habe sie gesagt. „Sie hat die frühe Malerei ihres Mannes gar nicht geschätzt.“
Dass Herburger eine große Begabung hatte, sei schon in der Schulzeit erkennbar gewesen, sagte Hesslinger. Der Ravensburger Strumpffabrikant Eduard Kutter habe ihn mit einem Stipendium unterstützt. „Meiner Ansicht nach wäre es jammerschade, wenn man dieses Talent verkümmern ließe“, zitierte er aus dem Brief des Mäzens. Hesslinger las aus Briefen des Künstlers vor, der in Paris auf einige der bedeutendsten Vertreter der Klassischen Moderne traf: Fernand Léger sei ein „vitaler Kraftmensch“, über das Atelier Piet Mondrians schrieb er, dass es ihn an eine Klosterzelle erinnere, „nüchtern und trocken wie er selber und seine Bilder“. Und zu Pablo Picasso meinte der gebürtige Ravensburger, dass er „gewiss ein großer Maler war – aber man darf ihn nicht immer ernst nehmen“.
Der „Malerpoet“
Erna Schliemann trug einige seiner literarischen Werke vor wie die Gedichte „Malerpoet“und „Ein Maler spricht“. In ihnen kommentierte er, wie in seinen auf dem Hohenkarpfen ebenfalls gezeigten Karikaturen, gesellschaftliche Zustände. „Das, was der Mensch nach außen scheint, sich häufig schlecht mit dem vereint, was sich in seinem Innern tut...“, schrieb er anno 1955 und warf einen entlarvenden Blick auf seine Zeitgenossen. Gedanken, die auch heute noch Gültigkeit haben.
Aber auch Selbstkritik war Herburger nicht fremd. Friedrich Weller las aus einem Brief vor, in dem er sich zu in den Monaten zuvor entstandenen Arbeiten äußerte: „Meine Bilder werden in der Erinnerung immer unbedeutender – ich entdecke immer mehr Schwächen, je mehr ich an neuen arbeite.“Auf der anderen Seite war er sich des Werts seiner Werke durchaus bewusst – erkennbar an einem Brief des Künstlers aus der Zeit des Nationalsozialismus. „Das Kunstwerk überdauert die politische Idee – es ist ewig.“Julius Herburger habe gesagt, dass er „mit seinen Bildern nicht imponieren, sondern beglücken“wolle, sagte Weller. Beglücken lassen von insgesamt 60 seiner Werke aus allen Schaffensphasen, darunter viel Landschaftsmalerei und eine Reihe Porträts, können sich die Besucher der Ausstellung noch bis 11. November.