Streit um Online-Durchsuchungen und Bodycams
Innenminister Thomas Strobl (CDU) will Polizei mehr Befugnisse einräumen – Die Grünen sind dagegen
- Die Polizei in BadenWürttemberg soll künftig Computer mit Spähprogrammen durchsuchen dürfen. Das sieht ein Gesetzesentwurf von Innenminister Thomas Strobl (CDU) vor. Das Papier liegt der „Schwäbischen Zeitung“in Auszügen vor. Der grüne Regierungspartner muss dem zustimmen und meldet bereits erhebliche Bedenken an.
Geht es nach Strobl, kommt im Südwesten außerdem die Gefährderhaft. Diese erlaubt es, Personen ohne konkreten Verdacht in Gewahrsam zu nehmen. Gefährder sind zum Beispiel Menschen, die nach Einschätzung von Verfassungsschutz und Polizei mögliche Terroranschläge verüben könnten. Sie werden beobachtet, können aber nicht verhaftet werden – weil es keine konkreten Anhaltspunkte für einen drohenden Anschlag gibt. Unter besonderen Umständen sollen solche Personen im Südwesten künftig länger als 14 Tage vorbeugend in Polizeigewahrsam genommen werden dürfen. Darüber könne man reden, so die Grünen am Montag.
Doch an anderen Stellen lehnen sie den Vorstoß des Regierungspartners ab. Strobl hatte das Polizeigesetz 2017 erstmals überarbeitet. Seitdem haben Ermittler im Südwesten sehr weitreichende Befugnisse. So ist es erlaubt, mit Spähprogrammen Nachrichten in Chatprogrammen wie WhatsApp mitzulesen. Die Grünen hatten dem nur unter Schmerzen zugestimmt. Nun will Strobl auch die Online-Durchsuchung erlauben. Dabei dürfen heimlich eingeschleuste Spähprogramme alle Daten, Fotos und Dateien auf einem Rechner durchleuchten. Doch das halten die Grünen für verfassungswidrig. Ihr Innenexperte Hans-Ulrich Sckerl sagte am Montag: „Es hat nach unserer Überzeugung keine Änderung der Sicherheitslage gegeben, die Verschärfungen notwendig machen.“
Das sieht die CDU anders. Deren innenpolitischer Sprecher Thomas Blenke erklärte: „Die Sicherheitslage ist unverändert angespannt. Wir müssen schauen, was wir der Polizei noch an die Hand geben können. Darüber werden wir jetzt mit den Grünen sprechen.“
Ein weiterer Kernpunkt des neuen Gesetzesentwurfs, der auf Widerstand der Grünen stößt: Polizisten sollen Bodycams künftig auch in Privatund Firmenräumen nutzen. Die Videokameras tragen die Beamten im Einsatz an der Uniform. Wenn Streit mit Bürgern droht, können sie die Geräte einschalten. Dadurch wird der Konflikt dokumentiert. So lassen sich Straftaten besser beweisen. Bislang ist das nur im Freien gestattet. „Das ist sinnvoll und extrem wichtig für unsere Einsatzkräfte“, sagt Blenke. Die Beamten warnen die Gefilmten, bevor sie ihre Kameras einschalten. Davon versprechen sich Befürworter der Technik eine abschreckende Wirkung. Die Grünen lehnen den Einsatz in Wohnungen aber ab. Ohne richterliche Anordnung verstoße ein solcher klar gegen den grundgesetzlich garantierten Schutz der Wohnung.
Die SPD wirft Innenminister Strobl Aktionismus vor. „Thomas Strobl sollte erst einmal seine Hausaufgaben machen, bevor wir über gesetzliche Grundlagen sprechen, die er am Ende wieder nicht umsetzen kann“, sagte deren Abgeordneter Sascha Binder. So seien Bodycams noch nicht flächendeckend im Einsatz. Grund sind technische Probleme. Außerdem musste Strobl einräumen, dass die Software für das Mitlesen von Chats noch gar nicht existiert.
Grüne und CDU verhandeln nun, welche Änderungen im Polizeigesetz tatsächlich umgesetzt werden.