„Händler in der Innenstadt sind im Nachteil“
Stadtsprecher Arno Specht erklärt, warum die Stadt gegen den Action-Markt vorgeht
- Die niederländische Discounterkette für Haushaltswaren Action will sich im Tuttlinger Ludwigstal ansiedeln – im ehemaligen Penny. Das ist der Stadtverwaltung ein Dorn im Auge. Sie will notfalls vor Gericht ziehen. Viele Bürger sehen das kritisch und machen ihrem Ärger in den Kommentarspalten der Sozialen Netzwerke Luft. Redakteur Sebastian Heilemann hat Stadtsprecher Arno Specht gefragt, wo eigentlich das Problem liegt.
Herr Specht, warum gibt es so einen starken Gegenwind aus Verwaltung und Gemeinderat gegen den geplanten Action-Markt?
Um es mit einem Satz zu sagen: Weil wir eine lebendige Innenstadt wollen und dazu gehören möglichst viele Geschäfte. Das ist aber nur möglich, wenn wir zu Gunsten der Innenstadt auch mal in den Wettbewerb eingreifen. Und dass es ohne solche Eingriffe nicht funktioniert, hat man in der Vergangenheit gesehen. Ich gebe zu, dass es für manche schwer verständlich ist, warum es hier gerade um den Action-Markt geht. Aber sein Sortiment verstößt klar gegen das Zentrenkonzept, das wir zum Schutz des Handels erlassen haben.
Was war denn die Idee dahinter, ein sogenanntes Zentrenkonzept zu entwickeln?
Über viele Jahre – und selbstkritisch muss man sagen zu lange – haben auch wir alles dem Markt überlassen. Das Ergebnis: Große Märkte am Stadtrand, Leerstand im Zentrum. Ohne staatliche Eingriffe sind Händler in der Innenstadt klar im Nach-teil: Sie können nicht mit riesigen Verkaufsflächen und nahezu unbegrenzt kostenlosen Parkplätzen vor der Ladentüre locken. Das Zentrenkonzept greift hier ein. Stark vereinfacht gesagt: Was Sie in der Tasche nach Hause tragen können, darf nur noch in der Innenstadt an- geboten werden, sperrige Dinge auch am Stadtrand. Also: Textilien oder Bücher gibt es nur noch im Zentrum, Waschmaschinen oder Baustoffe auch im Gewerbegebiet. Ausgenommen sind natürlich bestehende Geschäfte.
Welchen Geschäften macht der Action-Markt konkret Konkurrenz in der Innenstadt?
So ziemlich allen Geschäften der Innenstadt. Von Mode und Spielwaren über Drogerie-, Haushalts- oder Bastelartikeln zu Schreibwaren und vielem mehr.
Was ist dann normalerweise der rechtliche Hebel, um dieses Konzept durchzusetzen und was hat Action daran falsch verstanden?
Der Bebauungsplan schreibt ja vor, wie Gebäude genutzt werden dürfen. Und dazu gehört bei Handelsflächen auch die Frage, welches Sortiment angeboten wird. Wenn sie das ändern wollen, brauchen sie eine Baugenehmigung. Die hätte Action beantragen müssen – und sie wäre abgelehnt worden.
Was ist eigentlich mit den anderen Geschäften im Ludwigstal, die eben auch hauptsächlich Haushaltswaren vertreiben wie beispielsweise Tedi oder Thomas Philipps?
Sie genießen Bestandsschutz. Und so lange es keine Änderungen gibt, gilt dieser unbegrenzt.
Kann ein solches Konzept langfristig den Wandel wirklich verhindern oder geht es nicht vielmehr darum, auch die richtigen Rahmenbedingungen für den Einzelhandel – zum Beispiel ausreichend Parkplätze in der Innenstadt – zu schaffen?
Das eine ergänzt das andere. Deshalb sanieren wir ja für zehn Millionen Euro die Fußgängerzone, deshalb planen wir neue Parkplätze am Stadion und in der Brunnenstraße, um die Dauerparker aus dem Zentrum rauszukriegen. Aber so viele Parkplätze Sie auch anlegen: Ein riesiger Gratisparkplatz direkt vor einem Laden ist immer noch bequemer. Deshalb brauchen wir das Zentrenkonzept und attraktive Geschäfte in der Innenstadt.
Schon jetzt gibt es Leerstände, die vorhandenen Ladenflächen sind zu klein, als dass sie für beispielsweise größere Modeketten interessant wären. Sorgt das Zentrenkonzept also langfristig nicht für noch mehr Handyläden und Bäckereifilialen in der Innenstadt?
Einen unserer schlimmsten Leerstände haben wir nur dank Zentrenkonzept gelöst: Ohne diese Vorgaben hätte sich der Modepark Röther nicht in der Bahnhofstraße angesiedelt sondern ganz woanders. Aber die kleinen Flächen sind in der Tat ein Problem – auch wenn es hier gute Beispiele gibt, wie der Vaude Store, Aust Fashion oder Bijou Brigitte. Die kleinen Ladenflächen haben aber nichts mit dem Zentrenkonzept zu tun. Durch dieses Instrument haben wir noch keine einzige Ansiedlung in der Innenstadt verhindert – im Gegenteil. Es geht künftig auch darum, wo es möglich ist, größere Geschäftsflächen in der Innenstadt zu schaffen.