Don Alder lässt die Finger fliegen
Gitarrenmeister zeigt beim Auftritt in Tuttlingen sein Können – scheinbar mühelos
- Erstmals hat am Donnerstag der kanadische SingerSongwriter Don Alder im Kulturhaus Altes Krematorium in Tuttlingen gastiert. Mit seiner speziellen Fingerstyle- und Percussiontechnik erschafft der preisgekrönte Gitarrist ein dermaßen breites Klangspektrum, dass man als Zuhörer meint, eine ganze Band spielen zu hören.
Wenn Don Alder zur Gitarre greift, gleiten seine Finger nicht nur über die sechs Stahlsaiten.
Rhythmisch schlägt der häufig als „Hendrix der Akustikgitarre“bezeichnete 62-Jährige mit Handkante und Fingerknöcheln gegen den Korpus seines Instruments und begleitet sein Spiel scheinbar mühelos parallel mit dem Zupfen der dicken Basssaiten.
Wo sonst eine ganze Band, bestehend aus Gitarrist, Bassist und Schlagzeuger nötig ist, um einen so vollen Sound zu erzeugen, sitzt der Kanadier mit seinem Instrument alleine auf der Bühne.
Autodidakt von klein auf
Wie man dazu kommt, so Gitarre zu spielen, erklärt der Autodidakt, der keine Noten lesen und spielen kann, während einer Liedansage in einer Anekdote. Als Junge sei er infolge eines missglückten Floßabenteuers, mehrere Monate sehr krank gewesen. Um ihn sinnvoll zu beschäftigen, habe seine Mutter damals vorgeschlagen, ihm ein Musikinstrument zu kaufen. Da das von Don gewünschte Schlagzeug in der kleinen Appartementwohnung nicht in Frage kam, einigten sich beide schließlich auf eine Akustikgitarre.
Schon bald merkte der übende Junge zum Leidwesen seiner Mutter jedoch, dass er zwar kein Schlagzeug bekommen hatte, die Gitarre sich aber auch wunderbar dafür eignete, um auf ihr rhythmisch zu trommeln. Immerhin hat Don Alder den Song „Over The Top“seiner Mutter und „allen Eltern, die ihren Kindern ein Instrument kaufen“gewidmet. Auch die übrigen Lieder, die der Kanadier bei seinem Gastspiel in Tuttlingen spielt, sind überwiegend Menschen aus seinem Leben gewidmet und werden anhand netter Anekdoten dem Publikum erläutert.
Stilistisch bewegen sich Alders Stücke im Bereich des Blues, Jazz und Folk. Doch egal, welchen Stil er anschlägt und ob es sich um ein Instrumental- oder Gesangsstück handelt, es ist die Fülle des Sounds, die das Publikum immer wieder in Erstaunen versetzt. Als es nach 45 Minuten Zeit für eine kurze Pause ist, bleiben alle Zuhörer wie gebannt auf ihren Plätzen sitzen. Don Alder zeigt sich als nahbarer Künstler, der in der Pause nicht in seiner Garderobe verschwindet, sondern auf der Bühne allen Interessierten bereitwillig Fragen zu seinen Instrumenten und seiner Spieltechnik beantwortet.
Alder beherrscht Harfengitarre
Im zweiten Teil des Abends greift Alder dann zu einer Harfengitarre, bei der neben dem normalen Griffbrett über einen weiteren Resonanzkörper sechs zusätzliche Basssaiten gespannt sind. Laut Alder spielen weltweit nur noch etwa hundert Menschen das seltene Instrument, das dem ohnehin so breiten Klangbild noch weitere Tiefe verleiht.
Je länger der Abend voranschreitet, umso mehr weicht die anfängliche Ehrfurcht einer regelrechten Begeisterung und das Publikum in Tuttlingen bejubelt den kanadischen Ausnahmegitarristen.
Den Auftritt in Tuttlingen wird der weit gereiste Musiker sicher länger in Erinnerung behalten. Schließlich spielt man als Künstler nicht allzu oft in einem ehemaligen Krematorium, das auch akustisch einen ganz besonderen Reiz hat.