Mord bleibt Mord
Rufmord (Fr., Arte, 20.15 Uhr) -
Wer heute Rufmord begeht, drückt sich nicht mehr an einer Hausecke herum und tuschelt hinter vorgehaltener Hand. Das Internet bietet Tätern eine Anonymität, die die Attacken meist umso vernichtender ausfallen lässt. Die Grundschullehrerin Luisa (Rosalie Thomass) bekommt das zu spüren. Sie unterrichtet in einem bayerischen Dorf, die Kinder lieben sie und ihre pfiffigen Unterrichtsmethoden. Doch als Luisa dem Viertklässler Paul die Gymnasialempfehlung verweigert, weil sie das Kind überfordert sieht, tritt sie eine Lawine los. Im Internet tauchen alte Nacktfotos von ihr auf, Fake-Seiten preisen Luisa als Prostituierte an. Und auch wenn alle im Dorf wissen, dass die junge Frau integer ist, setzt sich niemand für sie ein. Sie wird beurlaubt, und wenig später ist sie spurlos verschwunden.
Regisseurin Viviane Andereggen lässt das Kleinstadtdrama geschickt in einen Krimi münden. Schon wieder ein Krimi, möchte man seufzen. Doch das Genre passt, denn Rufmord ist kein Kavaliersdelikt, sondern kann, wie hier, blutig enden. Allzu ehrgeizige Eltern, eifersüchtige Kolleginnen, Machos, die im allgemeinen Denunziationsrausch endlich ihre frauenfeindlichen Sprüche wieder anbringen können – der Fall berührt, weil er so realistisch ist. Dranbleiben lohnt übrigens, denn eine geschickte Wendung zum Schluss lässt den Zuschauer – wenn auch schadenfroh – lächeln.