Alte Musik auf einem jungen Instrument
Akkordeonist Giorgio Dellarole spielt Werke aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert
– Alte Musik , junges Instrument: Ein interessiertes Fachpublikum hat das Akkordeon-Gastrezital von Professor Giorgio Dellarole am Dienstagabend in der kleinen Aula der Musikhochschule verfolgt.
„Per ogni sorta d’istromento“könne das Akkordeon eingesetzt werden, also für jegliche Instrumentenart. Davon ist der 47-Jährige Professor am Musikkonservatorium „Arrigo Boito“in Parma überzeugt. Anhand von bekannten Werken aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert in historischer Aufführungspraxis und mit dem eigens für ihn in Vallotti-Stimmung (a.415 Hz) gebautes ScandalliInstrument erstellte er dafür den Beweis.
Für Orgel oder Cembalo hatte Girolama Frescobaldi anno 1627 die barocke „Aria, genannt la Frescobalda“mit ihren Variationen komponiert, mit der Dellarole sein Konzert eröffnete. Im Rahmen des Erasmus-Austauschprogramms für Professoren ist er eine Woche lang zu Gast in Trossingen.
Für Cembalo oder Clavichord oder aber auch für das „Clavier“gedacht war der „französische“Suitenzyklus, den Johann Sebastian Bach in Köthen schrieb. Dellarole hatte hieraus die Nr. 2 in c-Moll BWV 813 gewählt. Besonders die muntere Courante und die rasche Gigue des sechssätzigen Werks beeindruckten.
Fast wie eine Orgel klang das Akkordeon bei dem folgenden Werk, Bachs „Präludium und Fuge“in eMoll aus dem Jahr 1704. Die Finger der rechten Hand weit gespreizt, setzte der Gastdozent die mächtige Komposition um, die im englischen Sprachraum den Zusatz „the Cathedral“trägt.
Furioses Presto
555 Sonaten für Cembalo sind von Domenico Scarlatti (1685 – 1757) erhalten. Giorgio Dellarole spielte vier davon: Die cantable Sonate in C-Dur K132 mit den hübschen Trillern, die in c-Moll mit der Kirkpatrick-Nummer 11, gefolgt von der himmelstürmerischen Sonate f-Moll (K 19). Als besonders gut für das Akkordeon passend erwies sich die Sonate in dMoll (K 5), die flüssig und leuchtend klang und mit besonderem Beifall honoriert wurde.
Auch der zweitälteste BachSohn, Carl Philipp Emanuel, kam in dem Konzert „zu Wort“: Er hatte die dreisätzige Sonate in g-Moll (Wq. 62/18) für das Klavier geschrieben. Giorgio Dellarole gelang es besonders, die Lau-Leise-Kontraste herauszuarbeiten. Das Presto spielte er furios.
César Franck wurde 1822 geboren, um die Zeit, ein Jahr nachdem sich Anton Hackl in Wien die Physharmonika patentieren ließ. Aus einer Sammlung klerikaler Werke für Orgel oder Harmonium, dem „L‘organiste“, einem Spätwerk Francks, hatte Dellarole den liturgischen Gesang zur Gabenbereitung und die „Sortie“ausgewählt. Für den kräftigen Beifall dankte er mit einer frohgemuten Toccata von Leonardo Leo, einem 1744 verstorbenen Komponisten, dessen Qualität er erst unlängst kennengelernt habe.