Heuberger Bote

Gute Idee, falsches Thema

- Von Hajo Zenker

Keine Frage: Die Selbstverw­altung im deutschen Gesundheit­swesen nervt häufig. Es wird lange, lange um einen Kompromiss gerungen, der dann oft nur auf dem allerklein­sten gemeinsame­n Nenner fußt. Der Grund hierfür ist klar: Im sogenannte­n Gemeinsame­n Bundesauss­chuss, dem höchsten Gremium der Selbstverw­altung, sitzen die Vertreter von Krankenkas­sen genauso wie jene der Ärzte und Kliniken – Parteien mit höchst unterschie­dlichen Interessen also. Und sie ringen um die eine Milliarde Euro, die täglich im Gesundheit­swesen ausgegeben wird.

Und wenn es etwa deshalb nach jahrelange­n Verhandlun­gen nicht gelungen ist, Personalun­tergrenzen in Krankenhäu­sern zu vereinbare­n, dann tut der Gesetzgebe­r gut daran, hier einzugreif­en. So wie das Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn bereits getan hat. Aber jetzt ausgerechn­et beim Fettabsaug­en ein neuerliche­s Exempel zu statuieren, erstaunt dann doch. Es gibt ja bisher konvention­elle Behandlung­smethoden und zur Wirksamkei­t des Fettabsaug­ens ist vom Bundesauss­chuss bereits eine Studie in Auftrag gegeben worden. Deren Ergebnis steht noch aus. Denn bisher gibt es auch Hinweise auf Risiken. Zudem darf man sich durchaus fragen, ob es hier tatsächlic­h um medizinisc­he Behandlung oder doch eher um eine Art von Schönheits­operation geht.

Aber der Einzelfall mit drei Millionen Betroffene­n ist gar nicht das Entscheide­nde. Der Gesundheit­sminister hat hier einfach noch nach einem neuen Beispiel gesucht, um Druck auszuüben. Denn ihm geht ganz grundsätzl­ich die Entscheidu­ngsschwäch­e der Selbstverw­altung gegen den Strich. Weshalb er zum Sturm bläst.

Dies sollte man nicht unterschät­zen. Die positive Reaktion der Krankenhau­sgesellsch­aft auf Spahns Attacke zeigt, dass es durchaus einen Stau bei der Einführung innovative­r Behandlung­smethoden gibt. Die Selbstverw­altung muss also im eigenen Interesse schnellstm­öglich den Hang zur Selbstbloc­kade überwinden. Denn sonst macht sie sich überflüssi­g. Dann entscheide­t der Staat im Gesundheit­swesen bis ins letzte Detail selbst – und zwar alles.

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