Heuberger Bote

Im Ruhestand nur noch Fußball-Rosinen

Ottmar Hitzfeld, Erfolgstra­iner des BVB, des FC Bayern und der Schweiz, wird 70 Jahre

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(dpa/SID) - Ottmar Hitzfeld war nie wie Reiner Calmund. Das fällt natürlich rein physisch auf, weil sich der etwa 1,76 Meter große und immer noch sehr schlanke Hitzfeld wohl zweimal hinter Calmund verstecken könnte. Hitzfeld könnte aber auch bei der Organisati­on seines 70. Geburtstag­s an diesem Samstag kaum unterschie­dlicher sein – er feiert nicht pompös wie Calmund Ende November (in einem Freizeitpa­rk bei Köln). Der frühere Erfolgstra­iner hat nur seine Familie eingeladen: „Wahrschein­lich feiern wir in aller Ruhe in Engelberg in den Schweizer Alpen.“

Laut war Ottmar Hitzfeld nie. Sondern ein „Gentleman“(so wurde er während seiner langen Karriere als Trainer mehrfach bezeichnet). Hitzfeld ist das auch im gehobenen Alter geblieben. Würde er mit einer dreistelli­gen Gästeliste feiern wie das frühere Manager-Schwergewi­cht Calmund, „kann man ja schon gar nicht mit jedem sprechen. Manche kommen dann vorbei, und man hat nichts von ihnen“, sagt Hitzfeld. Man sollte das nicht damit verwechsel­n, dass er es jedem recht machen will.

Ottmar Hitzfeld sitzt in einem Sessel in der Lobby eines Hotels in Basel. Rund zehn Kilometer Luftlinie von hier entfernt wurde er geboren, im baden-württember­gischen Lörrach wohnt er auch jetzt noch mit seiner Ehefrau Beatrix. Mehr als vier Jahre ist es mittlerwei­le her, dass er nach der Weltmeiste­rschaft 2014 in Brasilien als Nationaltr­ainer der Schweiz seine Karriere beendet hat. Er geht mittlerwei­le oft in Lörrach einkaufen, seine Frau schreibt ihm dann vorher eine Liste, wie er erzählt. Und wie ist der Alltag sonst so? „Wie bei einem Rentner, der morgens aufsteht und die Zeitung kauft.“

In all den Jahren seit dem Sommer 2014 ist Ottmar Hitzfeld nie der Versuchung erlegen, sein Rentnerleb­en aufzugeben. Sein Ex-Club Borussia Dortmund hatte in der sportliche­n Krise vor rund einem Jahr mal angefragt, Hitzfeld hat das bereits einige Male erzählt. Aber anders als etwa Jupp Heynckes hat er sich nie zum Comeback überreden lassen. „Das habe ich mir vorgenomme­n, dass es endgültig ist. Egal, welches Angebot kommt: Ich werde nicht mehr Trainer sein.“

Es gibt nicht so viele Rentner, die zwei Champions-League-Siege und etliche weitere Titel in ihrer Vita stehen haben. Dennoch lässt sich Hitzfeld auch von hochlukrat­iven Offerten aus Fernost nicht beeindruck­en. „Er ist ein unglaublic­h disziplini­erter Mensch“, sagt sein langjährig­er Weggefährt­e und Freund Michael Meier. Als BVB-Manager hatte Meier den damals 42-Jährigen von den Grasshoppe­rs Zürich nach Dortmund geholt und ihm so den Weg zu einer außergewöh­nlichen Laufbahn geebnet.

Klare Karrierepl­anung

„Ich habe selten einen Trainer erlebt, der so eine klare Karrierepl­anung hatte. Er hat mir schon 1991 bei unserem Gespräch in Dortmund gesagt, dass er zum Ende seiner Karriere Nationaltr­ainer der Schweiz wird“, erzählt Meier. Tatsächlic­h kommt es 2008 so, dass Ottmar Hitzfeld die Schweizer übernimmt – und nach seinem Abschied als Nationalco­ach 2014 seine Laufbahn beendet. „Seine Führungsqu­alitäten“, sagt Michael Maier – sie seien ihm am eindringli­chsten in Erinnerung geblieben vom Trainer Hitzfeld.

Ottmar Hitzfeld hat sich nie etwas aufdrängen oder sich von Dingen beeinfluss­en lassen, von denen er nicht überzeugt war. 2004 hätte er Bundestrai­ner werden können, der wohl begehrtest­e Posten im deutschen Fußball. Doch Hitzfeld sagte wegen eines Burn-outs ab. Er habe zu der Zeit Medikament­e bekommen, sich zurückgezo­gen, sei auch depressiv gewesen, erzählt er. Real Madrid wollte ihn mehrfach haben, aber auch das passte nie zu Hitzfelds Karrierepl­anung: „Das war beides sehr wichtig, dass ich den Mut hatte, abzusagen.“

Er bereue gar nichts: „Ich habe nie an mir gezweifelt. Ich bin mit mir im Reinen.“Ottmar Hitzfeld erzählt das mit der Lockerheit eines Mannes, bei dem alles so gelaufen ist, wie er es geplant hat. Er wusste ja schließlic­h schon 1991, wie alles enden würde.

„Fußball“sagt Ottmar Hitzfeld noch, „ist meine Leidenscha­ft, mein Hobby, war nicht nur Beruf“. Der Fußball beschäftig­e ihn „nach wie vor“, auch wenn er, wie er lachend gesteht, sich zu Hause vor dem Fernseher „die Rosinen“rauspickt. Ein Rentnerpri­vileg.

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FOTO: DPA Pickelhaub­e und Zigarre – so ein Champions-League-Sieg will gebührend gefeiert sein: Ottmar Hitzfeld im Mai 1997 nach dem 3:1 seiner Dortmunder Borussen im Finale gegen Juventus Turin.
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FOTO: IMAGO Siebenmal deutscher, zweimal Schweizer Meister: der noch etwas jüngere Ottmar Hitzfeld mit Schale im Hotelbett.

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