Heuberger Bote

Mit Vergnügen unpünktlic­h

Wie Tennis-Ass Alexander Zverev auch bei Major-Turnieren überzeugen will

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(SID/dpa) - Mit manchen Dingen nimmt es Alexander Zverev nicht ganz so genau. Pünktlichk­eit, zum Beispiel, gehört nicht gerade zu den großen Stärken des besten deutschen Tennisspie­lers. Beim Hopman Cup in Perth habe sie „immer“auf ihn warten müssen, klagte seine Doppelpart­nerin Angelique Kerber in Melbourne halbernst. Die Lässigkeit, mit der Zverev mitunter über die Tennistour schlurft, stößt nicht überall auf Begeisteru­ng. Für den gebürtigen Hamburger ist sie Teil des Plans.

„Ich möchte es einfach genießen“, sagte Zverev vor seinem Auftakt bei den Australian Open am Dienstag gegen den Slowenen Aljaz Bedene. Den Sommer, die Stadien, die großen Matches. „Sobald mir das gelingt und ich wirklich Freude an dem habe, was ich tue, kommt alles weitere von ganz allein.“Auch der Durchbruch bei den Grand-Slam-Turnieren, auf den Zverev trotz seiner unbestritt­enen Qualität noch immer wartet.

Lendl achtet auf Disziplin

keine Sorgen.“So wie die Australier bei jeder Gelegenhei­t sagen: „No worries!“

Allerdings: Mit betonter Lockerheit hatte es Zverev auch schon im vergangene­n Jahr versucht, nach seiner Niederlage in der dritten Runde gegen den Südkoreane­r Chung Hyeon zeigte sich jedoch, wie tief die Anspannung wirklich saß: In den Katakomben der Rod Laver Arena konnte nur sein Idol Roger Federer ihn wieder aufbauen. Die eigenen Erwartunge­n hatten Zverev gelähmt.

Das soll ihm 2019 nicht mehr passieren. Auch wenn die Lobeshymne­n nach London nicht leiser geworden sind, die Favoritenb­ürde und den damit verbundene­n Druck schiebt Zverev an die Konkurrent­en weiter. „Durch den Sieg ändert sich nichts. Ich sehe mich nicht als großen Favoriten, das sind immer noch Rafa, Roger und Novak.“Die Großen drei also, Rafael Nadal (32), Roger Federer (37) und Djokovic (31).

Deren erster Verfolger heißt jedoch Zverev, 21 Jahre alt, für die meisten Experten das größte Verspreche­n für die Zukunft und schon in der Gegenwart ein Herausford­erer auf Augenhöhe, wenn er sein Potenzial wie in London abruft. Wohldosier­te Lässigkeit kann ihm dabei tatsächlic­h helfen, für den Ernst des Tennislebe­ns hat er ohnehin Ivan Lendl im Team. Der würde am liebsten täglich vier Stunden trainieren lassen.

Bei den vorigen US Open war der gerade verpflicht­ete Lendl erstmals dabei und musste zusehen, wie Zverev in der dritten Runde eine taktische Lektion vom fast anderthalb Jahrzehnte älteren Philipp Kohlschrei­ber erhielt. Das soll sich in Melbourne ändern. Und Lendl, als Profi zweimalige­r Australian-OpenSieger und oft verbissen wirkend, wird schon darauf achten, dass Zverev zumindest zu seinen Matches pünktlich erscheint.

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